Impfen oder Job los
Künftig gilt für griechisches und französisches Gesundheitspersonal: Wer seinen Job behalten will, muss sich impfen lassen. Deutschland bleibt bei Freiwilligkeit, in Österreich empfiehlt die Bioethikkommission eine berufsbezogene Impfpflicht.
Wien, 14. Juli 2021 | In Italien gilt sie bereits, in Großbritannien ist sie für Oktober angekündigt. Jetzt ziehen auch Frankreich und Griechenland nach und führen die Impfpflicht für Beschäftigte im Gesundheitswesen ein. Diese soll in Frankreich für alle im Gesundheits- und Betreuungswesen kommen, in Griechenland für jene im Gesundheitssektor und in der Altenpflege – und für alle Wehrpflichtigen. Außerdem dürfen sich in Griechenland künftig nur noch Geimpfte in Innenräumen von Gastronomie- und Kulturbetrieben aufhalten. Die Maßnahmen bringen die Diskussion auch im deutschsprachigen Raum wieder aufs Tablett – während in Deutschland weiter auf Freiwilligkeit gesetzt wird, werden in Österreich Forderungen nach ähnlichen berufsbeschränkten Impfpflichten laut.
Sanktionen für Ungeimpfte
“Wenn wir jetzt nicht handeln, werden die Zahlen und die Einlieferungen in die Kliniken steigen”, sagte Präsident Emmanuel Macron bei einer Fernsehansprache am Montag. Ab 15. September wird das Gesundheitspersonal auf Impfungen kontrolliert – ungeimpfte Gesundheitsfachkräfte dürften dann nicht mehr arbeiten und würden auch nicht mehr bezahlt, so der französische Gesundheitsminister Olivier Veran. Angesichts der ansteckenderen Delta-Variante sei es wichtig, Pflichten einzuführen. Selbiges wird in Griechenland bereits ab 16. August der Fall sein.
Griechenland schafft gesetzliche Voraussetzungen
Wer bis 16. August nicht mit der Impfung begonnen hat, wird im Alten- und Pflegebereich suspendiert. Ab 1. September gilt diese Regelung schließlich für alle Beschäftigten im Gesundheitswesen. Außerdem würde den jeweiligen Trägern im Gesundheitswesen mittels gesetzlicher Regelung ermöglicht, schnell befristetes Personal einstellen zu können, um Ungeimpfte zu vertreten, so der griechische Gesundheitsminister Vassilis Kikilias. Arbeitgeber hätten darüber hinaus das Recht zu wissen, ob ihre Arbeitnehmer geimpft seien – auch dafür kündigte der Gesundheitsminister eine Gesetzesänderung an.
„Vakzin der Freiheit“: Einführung einer generellen Impfpflicht angedeutet
Macron betonte in seiner Ansprache, dass irgendwann auch die Frage nach einer Impfpflicht für alle gestellt werden müsse. “Es gibt einen neuen Wettlauf mit der Zeit”, sagte er mit Verweis auf die Delta-Variante. Eine Rückkehr zur Normalität sei nur möglich, wenn alle Franzosen geimpft seien. Bisher setzte Frankreich auf Freiwilligkeit beim Impfen. Auch der griechische Ministerpräsident Mitsotakis schlug am Montag ähnliche Töne an: Das „letzte Kapitel der Gesundheitskrise“ könne nur beendet werden, wenn „jeder das Vakzin der Freiheit in seinem Arm hat“.
Impfpflicht für Gesundheitsberufe in Österreich?
Auch in Österreich ist die Frage nach einer berufsbezogenen Impfpflicht immer wieder Thema. Wie ZackZack berichtete, hat sie Wien beispielsweise als Arbeitgeber im Gesundheitswesen bereits umgesetzt. Andere Bundesländer zogen nach. Im ZackZack-Gespräch fordert die Vorsitzende der Österreichischen Bioethikkommission, Christiane Druml, die Impfpflicht für Gesundheitsberufe auch in Österreich:
“Ich persönlich sehe dieses Freiwilligen-Mantra bei Dingen, die andere betreffen können, nicht. Ich sehe mich da in einer moralischen Verpflichtung nicht nur mir selbst sondern auch den anderen gegenüber.”
Sie verweist auf die Stellungnahme der Bioethikkommission vom 4. Mai 2021, die eine auf Gesundheits- und Pflegeberufe beschränkte Impfpflicht empfiehlt – „jedenfalls für die Dauer der Pandemie“ solle die Covid-19-Impfung als Berufsvoraussetzung gelten, ist in dem Schreiben zu lesen:
„Die Impfung sollte als ein essentielles Erfordernis für die Ausübung eines Pflege- oder Gesundheitsberufes angesehen werden.“.
Kritik an einer solchen berufsbezogenen Impfpflicht wird beispielsweise von der coronamaßnahmenkritischen Initiative „Anwälte für Grundrechte“ laut, der die Verwaltungsjuristin Silvia Behrendt angehört. Sie sieht in der von der Bioethikkommission als „Berufsausübungserfordernis“ bezeichneten Impfpflicht einen „umetikettierten Impfzwang“:
„Aus meiner Sicht entbehren diese Empfehlungen zur Etablierung einer Zweiklassengesellschaft jeglicher ethischen Redlichkeit und weisen in eine – aus grundrechtlicher Sicht – kritische Zukunft.“
Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) sprach sich jedenfalls vermehrt gegen eine generelle Covid-19-Impfpflicht aus – dass sich Menschen nicht impfen lassen wollen, müsse man respektieren.
Deutschland bleibt bei Freiwilligkeit
Auch im Nachbarland Deutschland ist im Zuge des griechischen und französischen Impfdrucks die Diskussion um einen Impfzwang im Gesundheitswesen neu entfacht. Sowohl die Regierung als auch der deutsche Ethikrat bleiben allerdings weiterhin bei Freiwilligkeit – erst heute sagte die Vorsitzende des deutschen Ethikrats, Alena Buyx, gegenüber ARD und ZDF, dass sie eine Corona-Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen in Deutschland derzeit nicht für notwendig halte.
(lb)
Titelbild: APA Picturedesk