Wofür verwendet die Polizei die Gesichtserkennungssoftware? Karl Nehammer listete in einer Anfragebeantwortung 1.574 Einsätze des „digitalen Bildabgleiches“ auf. Eigentlich sollte sie nur für schwere Delikte verwendet werden.
Wien, 18. August 2021 | Sie ist unter Datenschützern schwer umstritten: Die Gesichtserkennungssoftware. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) beantwortete nun eine parlamentarische Anfrage der SPÖ-Netzpolitiksprecherin Katharina Kucharowits, dass die Gesichtserkennungssoftware auch in Österreich von der Polizei verwendet wird und das auch ziemlich häufig. 1.574-Mal wurde der „digitale Bildabgleich“ zur Ausforschung von unbekannten Verdächtigen eingesetzt. Dabei wurden 2.208 Personen überprüft. 1.977-Mal bestand dabei der Verdacht einer gerichtlich strafbaren Handlung. Erstmals eingesetzt wurde die Software im Dezember 2019. Der Innenminister legte eine Excel-Liste bei, die zeigt wofür genau die Software eingesetzt wurde.
“Missbrauch von Notzeichen” und “Gewaltanwendung eines Wilderers”
Mit 470 Einsätzen liegt Diebstahl an oberster Stelle gefolgt von weiteren Diebstahlsdelikten etwa mit Waffen oder im Rahmen einer kriminellen Vereinigung. Doch nicht nur für Diebstahl, Suchtgifthandel oder Urkundenunterdrückung wurde die Software verwendet. Eingesetzt wurde der digitale Datenabgleich auch für den „Missbrauch von Notzeichen“, „Sachwucher“ und „Gewaltanwendung eines Wilderers“. Eigentlich hieß es bei der Vorstellung des Systems, dass den stolzen Preis von 450.000 Euro betrug, dass der Fokus auf der Aufklärung schwerer Straftaten liege. Hergestellt wurde die Software von der Firma Atos IT Solutions and Services mit dem Subunternehmen Cognitec Systems. Neben der Software gab es noch weitere Ausgaben des Ministeriums. Um 4.277,97 Euro kaufte man sich drei Rechner und sechs Flachbildschirme zur besseren Anwendung der Software.
Ein Auszug aus der Excel-Liste des Innenministers. Auch für „Gewaltanwendung eines Wilderers“ und “Sachwucher” verwendete Nehammer die Gesichtserkennungssoftware. Die ganze Liste finden Sie hier in der Beilage.
Auch bei Demonstrationen
Laut Innenminister wird auch bei Demonstrationen die Software eingesetzt. Allerdings nicht bei „laufenden Demonstrationen“, sondern „ausschließlich im Rahmen von Ermittlungen zur Aufklärung vorsätzlicher gerichtlich strafbarer Handlungen, die allenfalls auch im Zusammenhang mit Demonstrationen begangen wurden.“ Das sorgte bereits in der Vergangenheit für Kritik. Bei einer politischen Demo in Wien-Favoriten wurde der Einsatz vom Innenministerium bestätigt. Jedoch sprach das Innenministerium davon, dass es sich angeblich nicht um einen unmittelbaren Demo-Teilnehmer gehandelt haben soll.
(bf)
Titelbild: APA Picturedesk