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Der alte Mann und das Meer – VdB in ZiB 2

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Der alte Mann und das Meer – VdB in ZiB 2

VdB in ZiB 2

Am Montagabend war Bundespräsident Alexander Van der Bellen in die ZiB 2 eingeladen. Von den kritischen Fragen wirkte das Staatsoberhaupt überrascht. Bei einigen kam er sogar ins Schwimmen.

 

Wien, 24. Mai 2022 | Es war ein überraschend kritisches Interview, in dem Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Montag in der ZiB 2 Rede und Antwort stehen musste. Nicht bei allen Fragen wirkte er sattelfest. Bereits die Einstiegsfrage von Moderator Martin Thür sorgte für einen holprigen Beginn des Staatsoberhaupts. Angesprochen auf Van der Bellens Wahlspruch des letzten Antretens „Mutig in die neuen Zeiten“, fragte Thür: „Wo hat man denn bei Ihnen in den vergangenen fünf Jahren diesen Mut gesehen?“

Van der Bellen überrascht von kritischer Frage

Van der Bellen nach kurzer Pause: „Das überrascht mich jetzt etwas, weil da wohl ein Missverständnis über das Amt eines Bundespräsidenten dahinter stehen muss.“ Mittels einer maritimen Metapher versuchte er das Amt zu erklären: „Der Bundespräsident, wenn er denn am Meer stünde, schaut auf den Horizont hinaus und überlegt sich, was mittel-, langfristig sein sollte, sein könnte und worauf er reagieren wird, und er wird nicht jede einzelne Welle im Auge haben, die sich da vor seinen Augen kräuselt. Also aus der Tagespolitik, finde ich, nicht vollkommen, aber doch weitgehend heraushalten und sich auf die wesentlichen Dinge konzentrieren.“

Thür sprach hingegen an, dass die Entwicklungen in Österreich in den vergangenen Jahren mehr als nur kleine Wellen in der Tagespolitik gewesen seien, etwa beim Thema Korruption und stellte seine Einstiegsfrage noch einmal schärfer. Nämlich, was Van der Bellen in den vergangenen fünf Jahren dazu beigetragen habe, dass die Politik sauberer werde.

“Erinnern Sie sich an gar nichts?”

Etwas verdutzt fragte Van der Bellen Thür zurück: „Erinnern Sie sich an gar nichts?“ Einzelne Dinge befand der Präsident als besorgniserregend, einiges sei etwas übertrieben gewesen. Die Justiz arbeite korrekt und in parlamentarische Sachen wie den Untersuchungsausschuss werde er sich nicht einmischen.

Etwas neben der Spur wirkte Van der Bellen bei der Frage, was denn der Unterschied zwischen der Ibiza-Affäre – als Van der Bellen an die Nation richtete: „So sind wir nicht“ – und der ÖVP-Chat-Affäre sei, in der er sich eher zurückhielt. Van der Bellen meinte, dass beim Ibiza-Video drei Unterschiede zur ÖVP-Chataffäre gewesen seien, zählte allerdings dann nur zwei Punkte auf: Die Untergrabung der Pressefreiheit durch die kolportierte Übernahme der Kronen Zeitung und die Manipulation von Ausschreibungen. Thür wiederholte, dass es in der Chataffäre um eben jene Vorwürfe, etwa die Beeinflussung von Medien, mittels mutmaßlich geschobener Umfragen unter Einsatz von Steuermitteln ging, und ob dies Van der Bellen nicht doch an Ibiza erinnere.

Präsident steht zu Kickl-Entlassung

Der Bundespräsident verwies darauf, dass die Justiz in der Causa ermittle, bis es zu einem Ergebnis komme gilt für ihn die Unschuldsvermutung. Thür erinnerte Van der Bellen daran, dass die Justiz genauso bei Ibiza ermittle. Ob Van der Bellen hinter verschlossenen Tapetentüren der Hofburg Sebastian Kurz zum Rücktritt gebeten habe, wollte er nicht beantworten. Das Gespräch sei vertraulich gewesen. Über Ex-FPÖ-Innenminister Herbert Kickl äußerte er sich deutlicher. Dieser sei eine „Belastung“ gewesen, meinte Van der Bellen in der Vergangenheit. Dass er ihn aus der Bundesregierung knapp nach Ibiza entließ, geschah auf die Empfehlung von Sebastian Kurz, dem ist er nachgekommen. Zur Entlassung von Kickl stehe er nach wie vor.

Das gesamte Interview finden Sie hier.

(bf)

Titelbild: screenshot/ZiB 2

Autor

  • Benedikt Faast

    Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.

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