U-Ausschuss:
Die ÖVP-Justizwoche endet mit der Befragung der Noch-Rechtsschutzbeauftragten Gabriele Aicher. Sie hatte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft scharf kritisiert und sich in ihrer Kritik von der ÖVP-nahen Anwaltskanzlei Ainedter & Ainedter beraten lassen.
Wien, 25. Mai 2022 | Neben einer Strafrechtsprofessorin und Alma Zadićs Kabinettschefin ist Noch-Rechtsschutzbeauftragte Gabriele Aicher am Mittwoch in den ÖVP-U-Ausschuss geladen. Alle Befragungen werden sich um mutmaßliche politische Beeinflussung von Ermittlungen und Personalentscheidungen drehen.
Am spannendsten dürfte Aichers Befragung werden. Diese war von Antikorruptionsexperten und -aktivisten kritisiert worden, nachdem sie die Wirtschafts- und Korruptionsanwaltschaft (WKStA) scharf kritisiert und sich dabei von der Anwaltskanzlei Ainedter & Ainedter beraten lassen hatte. Denn die Kanzlei vertritt Beschuldigte aus dem ÖVP-Umfeld, gegen die die WKStA ermittelt.
Susanne Reindl-Krauskopf
Susanne Reindl-Krauskopf ist Professorin für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie und Vizedekanin am Wiener Juridicum. Seit 2016 ist sie Mitglied des Weisungsrats. Der Weisungsrat berät die Justizministerin in bestimmten Rechtsfragen. Er wird etwa dann befasst, wenn es die Justizministerin wegen des außergewöhnlichen Interesses der Öffentlichkeit an der Strafsache oder aus Befangenheitsgründen für erforderlich hält.
Auch im Fall des Leiters der Wiener Oberstaatsanwaltschaft Johann Fuchs wurde der Weisungsrat angerufen. Dieser erhob Einwände gegen das Vorhaben der Staatsanwaltschaft Innsbruck, Fuchs anzuklagen. Sein Urteil ist aber nicht bindend. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck passte den Strafantrag danach an. Die neue Version wurde dem Weisungsrat aber nicht mehr vorgelegt.
Die ÖVP besteht seitdem auf der These, dass die angeblich einzige politische Einflussnahme auf die Justiz von Alma Zadić ausgegangen wäre. Zadić betonte, dass der Weisungsrat eine mehrfache Befassung in derselben Sache „problematisch“ fände, weil dadurch die „gesetzliche gewünschte Transparenz beeinträchtigt wäre“. Die ÖVP dürfte Reindl-Krauskopf wohl nach ihrer Ansicht zu den Vorgängen fragen.
Sarah Böhler
Sarah Böhler ist 2020 mit Alma Zadić ins Justizministerium gekommen. Sie war dort zuerst deren stellvertretende Kabinettschefin und leitet das Kabinett seit 2021. Auch Sarah Böhler soll zu möglicher Einflussnahme auf Ermittlungen und Personalentscheidungen befragt werden.
Gabriele Aicher
Gabriele Aicher ist bis Ende Juni 2022 Rechtsschutzbeauftragte der Justiz und legt ihre Funktion dann zurück. Im Rahmen der Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) rund um das Beinschab-Tool hatte Aicher kritisiert, dass die WKStA keine Ermächtigung für die Ortung der Smartphones von Wolfgang und Helmuth Fellner eingeholt hatte, bevor sie sich diese gerichtlich genehmigen ließ. Als die WKStA diesen Fehler bemerkte, führte sie die Ortung aber gar nicht durch.
Aichers Kritik an der WKStA ging letztendlich darüber hinaus. Sie kritisierte etwa die Aktenführung der Behörde. Noch dazu formulierte sie die Presseaussendung, in der sie ihre Kritik äußerte, mit Hilfe der Anwaltskanzlei Ainedter & Ainedter, die viele Beschuldigte aus dem ÖVP-Umfeld vertritt. Antikorruptionsexperten und -aktivisten forderten daraufhin ihren Rücktritt, Zadić rügte die Aicher.
Manfred Ainedter sprach nach den Geschehnissen von „unberechtigten“ Vorwürfen und dass seine Mandantin „psychisch fertig“ sei. Eigentlich wird die Rechtsschutzbeauftragte auf drei Jahre bestellt. Sie kann nicht abberufen werden, sondern nur selbst auf das Amt verzichten. Das hat Aicher Anfang Mai bekanntgegeben.
(pma)
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