Sonntag, Juli 20, 2025

Liberale im Wechselbad: Außenministerium für Neos, Aus für FDP

Es gibt zwei gute Nachrichten: Beate Meinl-Reisinger wird Außenministerin – und die FDP fliegt aus dem Bundestag.

Beate Meinl-Reisinger hat fachlich und persönlich das Zeug, eine gute Außenministerin zu werden. Das möchte ich an einem Beispiel erläutern.

Vor mehr als einem halben Jahr lieferte unser Verfassungsschutz DSN dem Außenminister einen brisanten Bericht. Er enthielt eine Liste von 14 Spionen, die für Putin vom Dach der „Russencity“ in Wien-Donaustadt über ihre Satelliten und Richtfunkantennen Spionage betrieben und die Daten von Wien für die Steuerung der Angriffe auf die Ukraine nach Moskau schickten.

Am 16. Mai 2024 trat Innenminister Gerhard Karner pünktlich um 10.00 Uhr vor sein Pult im Festsaal des Innenministeriums in der Wiener Herrengasse. Neben ihm nahm Omar Haijawi-Pirchner als Chef der „Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst – DSN“ Aufstellung. Die anwesenden Journalisten wussten nicht, dass der jährliche Verfassungsschutzbericht zum ersten Mal eine politische Bombe enthielt.

Schützende Hand

Sie fand sich als „Exkurs: Russische Signalaufklärung auf österreichischem Boden“ in weißer Schrift auf schwarzem Hintergrund auf den Seiten 97 und 98. „Seit Anfang 2022 wurden zusätzliche Anlagen auf dem Dach der sogenannten´Russencity´ in Wien installiert. Für Österreich entsteht dadurch ein erheblicher Schaden in Form des Verlustes internationaler Reputation und einer Minderung der Attraktivität als Standort internationaler Organisationen.“

Der Geheimbericht der DSN, der dem zugrunde lag, wurde nicht öffentlich vorgelegt. Außenminister Schallenberg bekam den ebenso kurzen wie brisanten Bericht mit den 14 Klarnamen der Agenten des russischen Auslandsgeheimdienstes SWR. In anderen europäischen Hauptstädten waren die russischen Satellitenspione längst ausgewiesen worden. Aber Schallenberg hielt seine schützende Hand über sie.

Ich erwarte mir von Beate Meinl-Reisinger, dass sie Missstände wie diesen schnell beseitigt. Im Gegensatz zu Schallenberg irrt sie nicht durch ein diplomatisches Niemandsland zwischen EU, Putin und Taliban. Sie hat klare Grundsätze, mit denen sich klare Politik machen lässt.

FDP raus

Klare Politik hat allerdings die FDP geradewegs aus dem deutschen Bundestag geführt. Christian Lindner hat aus einer sozialliberalen eine neoliberale Partei gemacht. Dazu hat er als Sprengmeister der eigenen Regierung gezeigt, wozu er fähig ist.

Die Rechnung dafür hat die FDP gestern erhalten. Die Neos haben als Österreich-Kopie der FDP die Chance, rechtzeitig aus dem Konkurs ihrer Schwesterpartei zu lernen. Das scheint nicht leicht, weil der neoliberale Dogmatiker-Flügel auch bei den Neos stark ist.

Aber genau das könnte auch zur österreichischen Überlebensfrage werden: Schaffen sich die Neos als sozialliberale Alternative zu ÖVP einen festen Platz – oder machen sie bei der nächsten Wahl den Lindner?

Nach den schweren politischen Fehlern beim Sprengen der ersten Regierungsverhandlungen im Jänner 2025 ist das jetzt ihre Chance, einiges wieder gut und sogar besser zu machen.

Link: Putins Schutzpatron Schallenberg


Titelbild: ROLAND SCHLAGER / APA / picturedesk.com

Autor

  • Peter Pilz

    Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.

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