Sonntag, Juli 20, 2025

Wider den Schwanensong

Das Dichtmachen von Leaks hilft, die schöne Fassade zu erhalten. Doch was Österreich wirklich braucht ist eine diverse, unabhängige Medienlandschaft.

Es gibt viele Möglichkeiten eines Abschiedes, den vorübergehenden, den unerwarteten, den endgültigen. Eine schöne Metapher für diesen endgültigen, dramatischen Abschied ist der Schwanengesang, der ja mehr ein Abgesang ist. Noch etwas Schönes raushauen, bevor es zu Ende geht, mit aller Kraft, der allerletzten Kraft sogar.

Vieles spricht dafür, dass diese Kolumne eine letzte Kolumne sein wird. SLAPP wirkt. Nicht im Sinne des Kuschenmüssens, aber manchmal durchaus im Sinne eines erzwungenen Dichtmachens. Das Dichtmachen von Leaks hilft, die schöne Fassade zu erhalten. Was aber Österreich eigentlich wirklich braucht sind nicht Potemkinsche Dörfer voll schöner Fassaden, sondern eine diverse, unabhängige Medienlandschaft. In der geschrieben werden kann, was ist, was möglich wäre, was hätte sein können. Und über süße Kipferl auch, wenn es jemand machen will. Es besteht ja keine Pflicht zu kritischer Berichterstattung, glücklicherweise. Aber was immer wieder durchaus gerne gesehen wird, ist ein Verbot einer solchen.

Schwungvoll Richtung Orbanistan- und wir wissen, wie es dann weiterginge: mit einer Putinisierung der Medien, also dem Ende ihrer Freiheit.

So beschnitten, dass man irgendwann das Wörtchen „Krieg“ nicht mehr aussprechen kann, ohne dafür in große Gefahr zu geraten. Da sind wir natürlich noch lange nicht. Russland aber schon. Und will man wirklich weiter in solche Richtung ziehen?

Es gibt übrigens einen uralten Witz aus der UdSSR, der diesen Zustand aufs Vortrefflichste beschreibt, und dieser geht so:

Ratschläge an die sowjetischen Intellektuellen. Erstens: Denke nicht.

Zweitens: Wenn du denkst, sprich es nicht aus. Drittens: Wenn du denkst und es aussprichst, schreibe es nicht auf. Viertens: Wenn du denkst, es aussprichst und es aufschreibst, unterschreibe es nicht. Und fünftens: Wenn du denkst, es aussprichst, aufschreibst und unterschreibst: Wundere dich nicht.

Nun, Zack Zack hat all das getan. Wir wundern uns auch nicht. Aber es wäre schön, wenn wir weiter denken, aussprechen, schreiben und unterschreiben könnten. Wider den Schwanengesang.


Titelbild: Miriam Moné

Autor

  • Julya Rabinowich

    Julya Rabinowich ist eine der bedeutendsten österreichischen Autorinnen. Bei uns blickt sie in die Abgründe der Republik.

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