ZackZack hat den Normalpreis einiger österreichischer Produkte in Deutschland und Österreich verglichen. Dabei stellte sich heraus, dass viele davon in deutschen Supermärkten günstiger sind. Wer sind die Preistreiber? Einzelhandel und Produzenten schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu.
Preisbewusste Konsumenten in Österreich wundern sich schon länger, warum einige österreichische Marken in Deutschland billiger sind als in Österreich. ZackZack hat neue Verdächtige gefunden. Der bereits bekannte exorbitante Preisunterschied beim „Gösser Naturradler“ ist damit nur einer von vielen fragwürdigen Preisen bei österreichischen Markenartikeln.
Die Dose Gösser Naturradler ist zum Normalpreis bei REWE Deutschland für 1,09 Euro zu haben. Bei Spar Österreich kostet sie hingegen 1,59 Euro – ein Preisunterschied von 45 Prozent. Doch nicht nur Gösser sorgt bei Österreichern für Stirnrunzeln.
Manner, Lenz Moser und Rauch
Ein von ZackZack vorgenommer Preisvergleich zwischen REWE Deutschland auf der einen Seite und Spar Österreich und Billa auf der anderen Seite förderte Überraschendes zutage. Neben dem Gösser Naturradler werden auch andere bekannte österreichische Marken in Deutschland billiger verkauft als in Österreich.
So sind etwa die klassischen Manner Neapolitaner in der 400 Gramm Packung bei REWE Deutschland um 3,79 zu haben, während sie bei Billa und Spar in Österreich um 20 Cent und damit um 5 Prozent mehr kosten. Und das, obwohl die Schnitten in Wien produziert werden.
Auch betroffen vom Österreich-Preis-Hammer: Der „Grüne Veltliner Selection“ vom österreichischen Traditionsweingut Lenz Moser. Der kostet bei REWE Deutschland nur 5,99 Euro, während er bei Spar in Österreich 7,49 und bei Billa 7,99 kostet. Damit zahlt man für den Wein bei Billa genau um ein Drittel mehr als bei der deutschen Kette.
Dann wäre da noch der deutliche Preisunterschied beim ökologischen Geschirrspülmittel „Claro“, das in Salzburg produziert wird. Die 900-Gramm Packung Geschirrspülpulver kostet bei REWE Deutschland nur 5,99, während man bei Spar und Billa um die 7 Euro aufwärts dafür hinblättern muss – ein Unterschied von 16 Prozent.
Geringer fällt der Preisunterschied bei einigen Rauch-Fruchtsäften in der 1-Liter-Packung aus. In Deutschland ist der Multivitaminsaft beispielsweise um 10 Cent günstiger und kostet statt 2,69 Euro 2,79 – das sind 3,7 Prozent.
Erstaunlich ist auch der Literpreis des Kürbiskernöls des Steirer Betriebs Birnstingl. Die nicht-bio-Variante kostet als von Birnstingl produzierte deutsche REWE-Eigenmarke im Liter nur 19,96 Euro, während sie beispielsweise bei Spar 28,98 kostet – eine Differenz von 45 Prozent.
Intransparente Preisgestaltung
Nachfragen im Einzelhandel oder bei den Erzeugern sind wenig aufschlussreich. Niemand möchte für den Preisunterschied verantwortlich sein. Während Produzenten wie Lenz Moser die Antwort verweigerten, wollten andere Unternehmen wie die Brauunion Österreich nichts über ihre Preispolitik in Österreich und Deutschland verraten. Auf die Preise im Supermarktregal hätte man aber keinen Einfluss, so der Tenor der Hersteller. Ein Insider unterstrich jedoch die Bedeutung von Aktionspreisen in Österreich, die den Normalpreis-Vergleich schwierig machten. Auch die hohe Marktkonzentration und Unterschiede bei Steuern und Personalkosten würden eine Rolle spielen.
Der Einzelhandel zeigte sich auskunftsfreudiger als bekannte österreichischen Marken. REWE-Österreich-Konzernsprecher Paul Pöttschacher betonte gegenüber ZackZack die Relevanz des Einkaufspreises bei der Preisgestaltung der Supermärkte. Zur Gegenwart wollte sich Pöttschacher zwar nicht äußern, stellte aber fest: „Es ist Fakt, dass es unterschiedliche Einkaufskonditionen in Österreich und Deutschland gab“. Man führe laufende Verhandlungen mit internationalen und österreichischen Markenerzeugern.
Pöttschacher verwies auch auf die Problematik des sogenannten Österreich-Preisaufschlags. Darunter versteht man die künstliche Preiserhöhung in Österreich durch territoriale Lieferbeschränken der Hersteller. Händler können Produkte nicht in dem Land einkaufen, wo sie am billigsten sind, sondern müssen in jedem Land die jeweiligen Einkaufspreise bezahlen, die dann zu unterschiedlichen Preisen für Konsumenten führen. Nach Ansicht zahlreicher Experten verstoße das gegen die Regelungen des EU-Binnenmarkts.
Erst vergangene Woche beklagte eine seltene Allianz aus Handelsverband und Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) diese für Österreich unvorteilhafte Praxis. In einer gemeinsamen Aussendung hieß es: „Unsere österreichischen Händler müssen in der Beschaffung zurzeit je nach Produkt um bis zu 60 Prozent höhere Preise bezahlen als deutsche Händler. Dieser Österreich-Preisaufschlag ist ein reines Körberlgeld der multinationalen Markenartikelindustrie.“ Mit der multinationalen Markenartikelindustrie könnten nicht nur große Firmen wie Nestlé und Co. gemeint sein, sondern durchaus auch einige österreichische Hersteller. Das wollte auch ein Sprecher von der GPA nicht ausschließen: „Die Gewinnmarge der großen Produzenten ist im Normallfall deutlich höher, als die der Händler“, sagte er auf ZackZack-Anfrage. Einblick in die Entstehung der Preise in Deutschland und Österreich habe man bei der GPA aber nicht.
Eine Sprecherin der Arbeiterkammer bestätigte die Intransparenz der Preisunterschiede zwischen Österreich und Deutschland. Diese seien nur eingeschränkt nachvollziehbar. Bei der Untersuchung der Preisgestaltung würde man „im Dunklen herumstochern“. Die Regierung müsse deshalb entlang der Wertschöpfungskette eine Transparenzdatenbank einführen, forderte sie.
EU-Kommission will gegen Lieferbeschränkungen vorgehen
In einem im Mai 2025 veröffentlichten Schreiben kündigte die EU-Kommission an, gegen Lieferbeschränkungen vorzugehen. Dafür soll im letzten Quartal 2026 ein neues Gesetz erarbeitet werden. In einem zuvor geleakten Dokument war zwischenzeitlich von einem Verbot der Lieferbeschränkungen die Rede. In der Endversion fehlte das Verbot jedoch. Der Handelsverband mutmaßte in einer Aussendung massives Lobbying der großen Erzeuger: „Warum kam es im letzten Moment zu dieser Aufweichung – in einem für die europäische Handelsbranche und für die 450 Millionen europäischen Konsument:innen so zentralen Punkt? Es darf vermutet werden, dass Vertreter der multinationalen Markenindustrie ihre Finger im Spiel hatten.“
Die EU-Kommission war unter anderem durch eine Untersuchung der österreichischen Bundeswettbewerbsbehörde aktiv geworden. Diese fordert seit Jahren ein Ende des Österreich-Preisaufschlags durch unfaire Handelspraktiken.
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