Weibliches Altern ist mit Armut dicht verwoben, leider kein Teppich der Penelope, den sie jede Nacht voller Hoffnung auf bessere Zeiten wieder auftrennt.
Es gibt unterschiedliche Annährungszonen an das große Minus, das Frauen in ihrem Arbeitsleben- und trotz sattsam bekannter Fakten immer noch bis in die Pension begleitet. Weibliches Altern ist mit Armut dicht verwoben, leider kein Teppich der Penelope, den sie jede Nacht voller Hoffnung auf bessere Zeiten wieder auftrennt, um ihn gleich darauf erneut zu weben, bis zur nächsten Zerstörung. Reine Sisyphusarbeit, wird vielleicht jetzt eingewendet werden. Doch nein! Während Sisyphus den Stein als unausweichliche Strafe den Berg hinaufrollt, ist Penelopes Weben ihres Teppichs der Versuch, dem Schicksal ein Schnippchen zu schlagen und doch noch das zu erreichen, wonach sie sich sehnt. Hier sind die Mythen aber noch nicht ganz zu Ende.
Es gibt ja nicht nur Mythen des Altertums, sondern auch ganz und gar moderne Mythen. Eine der quasi frechsten, Verzeihung, freshsten ist jene Legende von der Freiwilligkeit, in der Frauen ihre Abhängigkeit von ihren Partnern selbst suchen
Bleiben wir noch ein wenig bei ihnen. Es gibt ja nicht nur Mythen des Altertums, sondern auch ganz und gar moderne Mythen. Eine der quasi frechsten, Verzeihung, freshsten ist jene Legende von der Freiwilligkeit, in der Frauen ihre Abhängigkeit von ihren Partnern selbst suchen, ja sogar ersehnen würden. Wellenreiterinnen dieser Entwicklung sind die sogenannten Tradwifes, die gut beleuchtet, professionell gefilmt und im gestärkten weißen Kleidchen Schokokuchen backend weismachen wollen, sie würden traditionell leben. Übrigens: niemals war exzessive Selbstvermarktung so derartig verlogen, das absolut schamlose öffentliche Herauskehren angeblicher Intimität ihres Lebens übersteigt bei weitem jene der Frauen, die sich im nimmermüden Auge einer Webcam für Geld ausziehen, zwei Pole derselben Angelegenheit, mit dem Unterschied, dass die real Nackerten weder Gschichtln drucken noch ihre Kinder mithineinziehen.
Jungen Frauen soll dieses Tradwife-Modell so schmackhaft gemacht werden wie ein vergifteter Apfel, bestärkt von konservativsten bis rechtsextremen Kreisen der Politik – obwohl ihre Lebensrealität eine völlig andere sein würde als jene der säuselnden Influencerinnen. Nämlich: Abhängigkeit und, im Trennungsfall eben Altersarmut. Das ist aber nur eine Ausprägung der Lügen, die junge Frauen derzeit hübsch aufbereitet um die Ohren fliegt. Eine andere ist die Behauptung, dass jede Person, die Schwierigkeiten im Berufsleben entwickelt, ausschließlich selbst daran Schuld trägt. Alleinerziehend hin oder her. Manche müssen erst straucheln, um zu sich zu finden. Manche brauchen die stützende Hand am entscheidenden Punkt ihrer Entwicklung. Manche haben weder familiäre Ressourcen noch Geld, um sich in so einer Situation zu stabilisieren. Und für manche Politikgestaltende scheint zu gelten: Wenn du zum Weibe gehst, vergiss den Backlash nicht! Glücklicherweise: Nur für manche. Das ist also die eine Art, sich den Frauen im Erwerbsleben zu nähern. Es geht auch anders. Anders würde heißen: Bestärkung. Unterstützung. Information. Untersuchung der Frauenlebenssollbruchstellen.
Manche brauchen die stützende Hand am entscheidenden Punkt ihrer Entwicklung. Manche haben weder familiäre Ressourcen noch Geld, um sich in so einer Situation zu stabilisieren. Und für manche Politikgestaltende scheint zu gelten: Wenn du zum Weibe gehst, vergiss den Backlash nicht!
Die Stadt Wien hat jetzt ein Projekt gestartet, um Frauen in solchen Phasen ihres Lebens zu unterstützen: Die Frauenstiftung. Stark gemacht für diese Stiftung, die stark machen soll, haben sich Frauenstadträtin Katrin Gaal und die Stadträtin für Arbeit und Wirtschaft Barbara Novak. Frauen für Frauen. Wer sich weiterbildet, hat mehr Chancen, mehr Selbstvertrauen und mehr Wahlmöglichkeiten. Wer selbstbewusst ist oder wird, strandet schwerer in den typischen Fallen diverser Abhängigkeiten. Ein mögliches modernes Frauenleben eben. Ganz ohne Klischeefilter.
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Titelbild: Miriam Moné