WKStA im „politischen Korsett“
Paukenschlag im Ibiza-U-Ausschuss: Ex-WKStA-Staatsanwältin Christina Jilek ermittelte unter anderem in der Schredderaffäre und haute im Ausschuss am Mittwoch auf den Tisch. Die WKStA stecke in einem „politischen Korsett“, ihre Ermittlungen würden systematisch behindert.
Wien, 10. Februar 2020 | „Mein Anspruch war, Verfahren frei von politischer Einmischung zu führen.“ Jedoch sah die ehemalige WKStA-Staatsanwältin Christina Jilek keine Chance, ihren Anspruch auch zu erfüllen. Nicht nur die „geheime Weisung“ in der Schredderaffäre, die ZackZack aufgedeckt hatte, habe sie, so „noch nie gesehen.“ Das gesamte Ibiza-Verfahren habe mit einer Weisung begonnen. Ende des letzten Jahres schmiss Jilek ihre Arbeit hin und wurde Richterin. Die WKStA trage ein „politisches Korsett“, das nach den Schilderungen von Jilek enorm eng geschnürt sein dürfte.
Ibiza: Nach Video kam Weisung
Laut Jilek wurde die eigentlich zuständige, aber für die ÖVP politisch unzuverlässige WKStA vom Justizministerium aus den Ermittlungen zum Ibizavideo gedrängt. Man solle nur erkunden, nicht aber ermitteln, hieß es wenige Stunden nach dem Platzen der Ibiza-Bombe. Wirklich „unfassbar“ sei gewesen, dass es in Mails vom leiter der Oberstaatsanwaltschaft Johann Fuchs und Sektionschef Christian Pilnacek geheißen habe, dass „HBM (das Kürzel steht für Herr Bundesminister, Anm.) der WKStA keine aktive Rolle“ zukommen lassen wolle. Was auf den geschredderten Festplatten gewesen sein könnte? „Ich weiß es nicht. Ich kann es nicht sagen.“ Die Ermittlungen seien jedenfalls „erschwert“ worden. Nur einen Monat nach Beginn der Ermittlungen wurde die Zustandigkeit der WKStA ganz entzogen – just in dem Moment, als Oberstaatsanwalt A. die Anordnung gab, Handy und Laptop von Arno “Schreddermann” M. sicherzustellen. Auch diesen Fall hatte ZackZack aufgedeckt.
Der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien, Johann Fuchs, habe sich gegenüber Jilek selbst für befangen erklärt, schildert die Juristin. In Fuchs habe sie mittlerweile „überhaupt kein Vertrauen mehr.“ Auch innerhalb der SOKO Ibiza könne man durchaus Befangenheit erkennen. Jilek weiß, wovon sie spricht. Als sie am 18. Juli den SOKO-Beamten Niko R. anwies, das Handy von Kanzleramtsmitarbeiter Arno M. zu beschlagnahmen, weigerte sich der Polizist. Ihre Konsequenz: Die WKStA müsse man von ihrem „politischen Korsett“ befreien. Sie habe alles versucht, doch sei gescheitert, weshalb sie hingeschmissen habe.
Massive „Störaktionen“
Die „Störaktionen“ der Oberstaatsanwaltschaftseien massiv gewesen, so Jilek. „Minuspunkte“ als Disziplinierungsmaßnahme, gestörte Hausdurchsuchungen, weil die Beschuldigten vorab informiert worden waren. Jilek sagt, ihre Berichtspflichten seien „explodiert“, vor lauter “unnötigen” Berichten nach oben sei keine ernsthafte Ermittlungsarbeit möglich gewesen
Störaktionen gab es dann auch im Ausschuss selbst. Bei der Frage, ob Jilek wisse, dass Finanzminister Gernot Blümel als Beschuldigter geführt wird, griff Sobotka ein und unterbrach die Sitzung. Eine Antwort erhielten die Abgeordneten nicht. ZackZack liegt der Akt vor: Gegen Blümel wird tatsächlich ermittelt und zwar unter anderem wegen Untreue, Bestechlichkeit und Amtsmissbrauch.
(ot/tw)
Titelbild: APA Picturedesk