Not a Bot
Jeden Samstag kommentiert Schriftsteller Daniel Wisser an dieser Stelle das politische Geschehen. Dabei kann es durchaus menscheln – it’s a feature, not a bug!
von Daniel Wisser
Wien, 10. April 2021 |
Mahlzeit, meine blau gebrannten Freunde!
Der Gesundheitsminister ist krank,
aber Gott sei dank
nicht lang.
Der Finanzminister kann nicht rechnen.
Alles bleibt im Amt –
man darf ja nicht hinaus. Verdammt!
Der Digitalisierungsminister hat keinen Laptop.
Nur der Arbeitslosenminister arbeitet hart
bis lange in die Gegenwart.
Impfstoff
Mahlzeit, meine blau gebrannten Freunde!
Wie ist euer Impfstoff beschaffen?
Er wird gerade beschafft.
Man bricht nichts über Knie
bei Embolie and Irony!
We are living in perfect harmony,
side by side.
Ich habe nämlich das Piekserl schon,
denn der Schwager von der Mutter vom Schwiegersohn
ist Bürgermeister von Hintervordersdorf im Norden –
nein, meine Lieben,
nicht was ihr denkt: Es ist was übrig geblieben
und wäre sonst weggeworfen worden.
Einheizen
Mahlzeit, meine blau gebrannten Freunde!
Die Einheitszeitung schreibt Belangsumpf
und titelt heute:
Kaufen Sie diese Möbel!
Finanziert wird sie vom Pöbel
der Steuerzahlerinnen
über Regierungsinserate.
Bitte keine Debatte!
Wir widersetzen uns Inhalten
und lassen und lieber mit Werbung hinhalten.
Mit der Einheitszeitung
kann man immerhin einheizen, denn es brennt
der Abonnent,
der Information nicht kennt.
Nur eine Meldung besticht:
Danilo Kunhar fordert Klarnamenpflicht.
Karibik
Mahlzeit, meine blau gebrannten Freunde!
Scheint Euch der Lockdown
auch
auf den Bauch?
Und Mahlzeit auch an Euch, über dem Teich!
Das Virus macht alle gleich.
In der Karibik
ist alles beliebig
und viel bequemer;
alle leben hier ohne Maske,
schreibt mir ein Unternehmer.
Zu Hause dreht er
auf zweihundertfünfzig Quadratmeter
sonst durch –
nichts als Lurch
und keine Putzfrau,
denn die steht im Stau.
Spargelsaison
Mahlzeit!
Die 24-Stunden-Betreuerin,
die das mit der Oma checkt,
hat sich bei ihr angesteckt.
Nichts hat sie verdient,
ist aber sonst sehr positiv,
jetzt, wo sie tief
verschuldet ist.
Spargelstechen könnte sie schon!
Es ist ja bald Saison.
Wandritzer
Mahlzeit, aber regen wir uns nicht auf!
Wir werden eh chauffiert.
Man sagt bei einem Lastwagenhersteller
in der Belegschaft die Quersteller
sollen auf fünfzehn Prozent ihres Lohnes verzichten,
dann wird sich alles richten.
Genauso verzichtet der Milliardär Leitner
auf fünfzehn Prozent der dreiunddreißig Millionen,
die er am Ende
von der aus Steuergeldern finanzierten Dividende
bekommen hat,
sehr gerne.
Grüße in die Ferne,
ins soziale Andritz –
so sozial, dass ich es in die Wand ritz.
Und auch Pierer, Swarovski und Gebrechnik
machen Gebrauch von der Halbleitnertechnik.
Mein Paket
Fern und unwirklich ist mir die Welt.
Also, hab ich ein Paket bestellt,
weil man bei Lockdown scharf
ja nichts kaufen gehen darf.
Das Paket kommt zwischen sieben und achtzehn Uhr
pünktlich zur
Zustellung. Es enthält
aus der dritten Welt
Verpackungen in geschmackvoller Verpackung.
Das ist an diesem Fernsehbrei-Tag
mein Beitrag
zur globalen Verkackung.
In unserem Wohnhaus hier
gibt es fürs Altpapier
drei große Container
die werden am Donnerstag geleert
und sind am Freitag wieder voll,
weil alle gleich am Morgen
ihre Verpackungen entsorgen.
Ich gebe gerne zu: Ich bin old-school
zwei punkt null.
Daher lese ich viel, vor allem Postings
über den Lockdown und das Ost-Dings
und die 7-Tages-Inzidenzen
an den EU-Außengrenzen.
Nur die Lyrik
ist schwürig,
daher kümmern sich Redakteure rührig
um ihre Verbreitung auf Twitter
(Auge @brigitta!!!)
Doch auch, wenn’s vielen nicht gefällt:
Morgen verlasse ich Twitter.
Das wird bitter
für die Welt.
Bald
Mahlzeit, meine blau gebrannten Freunde!
Nur munter!
Unsere Welt geht nicht unter.
Wir haben die schönen Pferde aus Lipica.
Doch kann man noch Tore schießen nach Ivica?
Ich sehe nicht viel,
doch eins seh ich: am Ende des Tunnels
die Einfahrt in den Tunnel Nummer zwei.
Der schöne Teil vom April
kommt sicher im Mai.
Ja, ja,
bald ist es vorbei.
Titelbild: APA Picturedesk