Absage für Impf-Reisepass?
Fast einstimmig sprach sich der Europarat gegen eine Diskriminierung von impfunwilligen Personen aus. Doch die bemerkenswerte Resolution zu „ethischen und rechtlichen Erwägungen“ rund um die Covid-19-Impfstoffe hat einen Haken: den privatwirtschaftlichen Bereich dürfte der Entschluss nicht erfassen.
Wie, 05. Februar 2021 | Die parlamentarische Versammlung im Europarat hat sich mit einer Resolution zum Thema “COVID-19-Impfstoffe: ethische, rechtliche und praktische Erwägungen“ geäußert. In acht Punkten positioniert sich der Rat zu aktuell hochbrisanten Themen. Er sprach sich letzte Woche beinahe einstimmig gegen jede Form von Privilegien für Geimpfte aus.
Keine Privilegien und keine Diskriminierung
So dürfe es beim Zugang zum Impfstoff keine Privilegien für verschiedene Personengruppen geben. Jedoch sollte ganz klar kommuniziert werden, dass die Impfung nicht verpflichtend ist und, „dass niemand politisch, sozial oder anderweitig unter Druck gesetzt wird, sich impfen zu lassen, wenn er dies nicht selbst tun möchte“, so die Resolution.
Impfpässe sollte man demnach nur zur „Überwachung der Wirksamkeit des Impfstoffs, möglicher Nebenwirkungen und unerwünschter Ereignisse“ genutzt werden. Das wäre eigentlich eine deutliche Absage zu Plänen von Airlines, die an einem Impfreisepass arbeiten. Allerdings sei von den Rednern im Rat klar angesprochen worden, dass es sich um den öffentlichen Bereich handeln würde. Das Beispiel Airlines umfasse die Resolution nicht, denn das sei „privatwirtschaftlicher Bereich“, sagt Europarat-Delegationsleiter Reinhold Lopatka zu ZackZack, dieser Bereich sei von der Resolution ausgenommen.
Politik am Zug
Während man der Wissenschaft einen „bemerkenswerten Job“ attestiert, weil in „Rekordzeit“ Impfstoffe entwickelt wurden, läge es nun an den Regierungen, ihren Job zu tun. Diese müssten sicherstellen, dass „ein Mindeststandard“ an „Sicherheit, Wirksamkeit und Qualität von Impfstoffen eingehalten“ werden. Dafür muss sichergestellt werden, dass Zulassungsbehörden vor politischem Druck geschützt werden und „unabhängig“ arbeiten können.
Den Plan, wie sie ihre Bevölkerung immunisieren, müssten die Mitgliedstaaten klar parat haben. „Um die Dosen auf ethische und gerechte Weise zu verteilen, einschließlich der Entscheidung, welche Bevölkerungsgruppen in den Anfangsstadien bei geringem Angebot priorisiert werden.“
Der Europarat hat nichts mit der EU zu tun, eine rechtliche Bindung hat der Entschluss für die Mitgliedstaaten nicht. Österreich ist im parlamentarischen Rat durch sechs Personen vertreten: Delegationsleiter Reinhold Lopatka (ÖVP), Franz Eßl (ÖVP), Carmen Jeitler-Cincelli (ÖVP), Doris Bures (SPÖ), Martin Graf (FPÖ) und Michel Reimon (Grüne). Alle drei anwesenden Österreich-Abgeordneten unterstützten den Antrag.
Die österreichische Politik hat sich bisher stets gegen eine Impfpflicht ausgesprochen, die „Impflicht durch die Hintertür“ wird jedoch auch medial ausführlich diskutiert. Elternvertretungen sprachen sich etwa bereits im Jänner für eine Lehrer-Impfpflicht aus.
Impfpflicht durch die Hintertür?
Klimaschutzstaatssekretär Markus Brunner (ÖVP) zeigte sich in einem APA-Interview im Jänner überzeugt, dass man zukünftig einen Impfnachweis brauchen werde, um einen Flieger zu besteigen. Nun hat sich der Europarat gegen die Diskriminierung von Impfunwilligen ausgesprochen. Ob diese aber auch den privatwirtschaftlichen Bereich erfasst, stellte der österreichische Delegationsleiter infrage.
Das ist durchaus entscheidend: Denn würden Kinos, Theaters, Banken, Clubs, Flugzeuge, Züge, Restaurants und Geschäfte einen Impfnachweis verlangen, wären Impfunwillige jedenfalls im öffentlichen Leben benachteiligt. Dann würde auch sozialer Druck auf die Entscheidung ausgeübt werden, gegen die man sich in der Resolution eigentlich stellt. Eine Lehrer-Impfpflicht dürfte allerdings damit vom Tisch sein.
(ot)
Titelbild: APA Picturedesk