Bergauf für steirische Kommunisten
Wäre am Sonntag Gemeinderatswahl in Graz, würde jeder vierte Wähler kommunistisch wählen. Die Grazer KPÖ ist im Höhenflug und kommt sogar der ÖVP immer näher. Diese würde abstürzen. In einem Jahr wird gewählt. Elke Kahr (KPÖ) ist mittlerweile beliebter als der ÖVP-Bürgermeister.
Wien/Graz, 09. Februar 2021 | Noch ein Jahr, bis Graz wieder wählt. In der steirischen Landeshautstadt zeichnet sich ein politisches Erdbeben ab: Während die ÖVP um Bürgermeister Siegfried Nagl mehr und mehr an Zuspruch verliert, befindet sich die Grazer KPÖ im Steilflug. Die Kommunisten um Elke Kahr kommen damit auch der ÖVP immer näher.
Kahr beliebter als Bürgermeister
In der Beliebtheitsumfrage hat Kahr die ÖVP bereits überholt. Sie ist beliebter als Langzeitbürgermeister Siegfried Nagl. 59 Prozent der Grazer haben eine gute Meinung von der kommunistischen Parteichefin. Damit liegt sie vor Nagl, den immerhin noch 55 Prozent schätzen. Fast ein Drittel der Wähler würde Kahr bei einer Direktwahl zur Bürgermeisterin wählen.
Von ZackZack auf die Umfrageergebnisse angesprochen, sagt Elke Kahr, die für ihre Bürgernähe bekannt ist:
„Wir sind seit 2012 zweitstärkste Partei in Graz. Die Umfragen bestätigen, dass die Leute das Vertrauen nicht verloren haben. Dieses Vertrauen ist immer nur geborgt, und man muss es sich täglich neu erarbeiten. Wir freuen uns, werden aber nicht die Bodenhaftung verlieren.“
ÖVP stürzt ab
In einer jüngsten OGM-Umfrage im Auftrag der “Kleinen Zeitung” steht die KPÖ mittlerweile bei 24 Prozent, das wäre ein Plus von 4 Prozentpunkten im Vergleich zur Wahl 2017. Der ÖVP um Bürgermeister Siegfried Nagl steht dagegen womöglich ein Absturz bevor: Aktuell steht er bei 30 Prozent – ein Minus von 7 Prozentpunkten. Aber auch um seinen Koalitionspartner, der FPÖ, steht es nicht gut: Sie käme nur noch auf 13 Prozent (Wahl 17: 15,8 Prozent).
Die Grazer SPÖ könnte bei der nächsten Wahl weiter zur Kleinpartei schrumpfen. Obwohl die Sozialdemokraten 2017 nur 10 Prozent erreichen konnten, geht es für die Partei laut OGM weiter bergab. Aber auch die Grünen beteiligen sich an der dramatischen Talfahrt der Grazer SPÖ, in dem Fall aber in die andere Richtung: Sie könnten nächstes Jahr wie die KPÖ stolz zulegen.
Die OGM-Umfrage der “Kleinen Zeitung” vom Wochenende. Screenshot: Kleine.
Soziale Frage
Elke Kahr ist das Aushängeschild der Grazer KPÖ. Von 2005 bis 2017 war sie Stadträtin für Wohnbauangelegenheiten. 2017, also die Grazer Kommunisten erneut auf über 20 Prozent kamen und leicht zulegen konnten, katapultierte eine ÖVP/FPÖ-Allianz die erfolgreiche Stadträtin aus ihrem Ressort. Man schanzte ihr das undankbare Verkehrsressort zu. Gegenüber ZackZack sagte sie in einem Interview: „Jetzt hat uns ÖVP-FPÖ das Wohnungsamt weggenommen. Aber die Kompetenz können sie uns nicht wegnehmen.“ Auch Mobilität sei eine soziale Frage. Die soziale Krise hat sich im letzten Jahr weiter verschärft.
Der Mieternotruf, den die KPÖ in Graz seit 30 Jahren betreut, werde immer nötiger gebraucht, schildert Kahr ZackZack. Noch stärker würden soziale Beratungen gebraucht. Diese hätten sich seit einem Jahr verdreifacht. Existenznöte, Jobverluste, die Lage hat sich für viele Menschen enorm verschlechtert, man versuche zu helfen, wo es geht.
(ot)
Titelbild: APA Picturedesk