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Kritik an Anschobers Epidemiegesetz reisst nicht ab – SPÖ-Kucher: “Ausdruck der Hilflosigkeit”

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Kritik an Anschobers Epidemiegesetz reisst nicht ab – SPÖ-Kucher: “Ausdruck der Hilflosigkeit”

SPÖ-Kucher: “Ausdruck der Hilflosigkeit”

Mehr als 22.000 Stellungnahmen gab es zum neuen Entwurf des Epidemiegesetzes. Von der Volksanwaltschaft und dem SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher hagelte es Kritik an Anschober: “Das ist ein Ausdruck der Hilflosigkeit.”

Wien, 09. März 2021 | Die Volksanwaltschaft kritisiert den neuen Entwurf zum Epidemiegesetz und COVID-19-Maßnahmengesetz von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne): In der Begutachtungsstellungnahme befürchtet Volksanwalt Bernhard Achitz (SPÖ) durch den neuen Veranstaltungsbegriff “skurrile” Ergebnisse in der Praxis, außerdem zweifelt er an der Verfassungskonformität der neuen Grundlage für Ausgangsverbote. Auf der Parlamentshomepage waren indes tausende Stellungnahmen zum Entwurf zu finden.

Schwammig formuliert

Der Entwurf beinhaltet eine Neudefinition von Zusammenkünften: Bisher war diese Regelung im Epidemiegesetz mit dem Passus “Zusammenströmen größerer Menschenmengen” etwas schwammig formuliert; die Novelle sieht vor, dass künftig von mindestens vier Personen die Rede ist, die als Veranstaltung gelten. Dies gilt im öffentlichen wie im privaten Bereich, wobei bei letzterem wieder klar gestellt wird, dass es daheim zu keinen Kontrollen kommt.

Volksanwalt Achitz wirft in seiner Stellungnahme die Frage auf, ob ein derartiger Veranstaltungsbegriff, “der in Bezug auf die erforderliche Teilnehmerzahl von einem über Jahrhunderte hinweg gefestigten Verständnis der Bevölkerung eklatant abweicht, geeignet ist, eine Bereitschaft zur Befolgung gesetzlicher Regelungen zu fördern, ohne die eine Pandemiebekämpfung nicht erfolgreich sein kann”. Die Möglichkeit, relativ hohe Verwaltungsstrafen zu verhängen, könnte dann außerdem erst recht dazu führen, dass sich Menschen mit Familienangehörigen und guten Freunden statt im Freien in ihren Wohnungen und Häusern treffen, wo nicht kontrolliert werden kann. Dies sei “sicherlich nicht im Interesse einer erfolgreichen Pandemiebekämpfung”, meint Achitz.

Anwendung wird “skurril” und große Schwierigkeiten mit sich ziehen

Die Volksanwaltschaft befürchtet überhaupt, dass “der dem Gesetzesentwurf zugrunde liegende neue Veranstaltungsbegriff zu großen Schwierigkeiten in der Vollziehung und die Anwendung zu skurrilen, nicht sachgemäßen Ergebnissen führen könnte”.

Abgelehnt wird von der Volksanwaltschaft Anschobers Ansinnen, Ausgangssperren nicht erst verhängen zu dürfen, wenn ein Zusammenbruch des Gesundheitssystems droht, sondern wenn eine nicht mehr kontrollierbare Verbreitung von Covid-19 droht, etwa wenn die Kontaktnachverfolgung nicht mehr funktioniert. Achitz verweist darauf, dass Ausgangsregeln nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes eine “besondere Eingriffsintensität” aufweisen – weshalb es für den Volksanwalt “zweifelhaft” ist, ob die vorgeschlagene Änderung verfassungskonform wäre.

Der Begutachtungsentwurf löste unterdessen eine regelrechte Lawine an Stellungnahmen auf der Parlamentshomepage aus – Stand Montagabend waren es bereits knapp 22.000. Der überwiegende Teil davon stammt von Privatpersonen, viele auch anonym. Gegner der Corona-Maßnahmen hatten auch via “Social Media” und Messenger-Diensten wie WhatsApp und Telegram dazu aufgerufen. Viele Stellungnahmen bestanden aus vorgefertigten Textbausteinen. Die Begutachtungsfrist endet heute, Dienstag.

SPÖ-Gesundheitsprecher Kucher mit scharfer Kritik an “250ster Änderung” Anschobers

Auch SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher zeigt sich nicht erfreut über die “Paragraphen-Reiterei”. „Österreich  nicht die 250ste Änderung der gesetzlichen Grundlage seit Ausbruch der Pandemie. Das ist ein Ausdruck der Hilflosigkeit und wird weder den Infektionsanstieg bremsen noch die Wirtschaft schützen. Die Regierung hat nicht nur keinen Plan, sie hat nicht einmal mehr ein Ziel. Sie stolpert von Lockdown zu Lockdown – das ständige „Auf und Zu“, die ständigen Kehrtwenden und falschen Hoffnungen verschärfen die Krise“, kritisiert Kucher das Chaos-Krisenmanagement der Kurz-Regierung.

(apa/bf)

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Benedikt Faast

    Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.

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