Laut einem Staatsanwalt soll sich Kanzler Sebastian Kurz bei Ex-Minister-Moser über ein Strafverfahren erkundigt haben. Moser weist unterdessen Aussagen über eine mögliche Zerschlagung der WKStA zurück. Man habe lediglich „Mängel“ besprechen wollen.
Wien, 11. März 2021 | Laut „Standard“ belastete die gestrige Ibiza-Auskunftsperson K. seinen Ex-Chef, den ehemaligen ÖVP-Justizminister Josef Moser. NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper wollte im Ibiza-Ausschuss von Staatsanwalt K. wissen, ob sich Regierungsmitglieder oder andere politische Organe über Strafverfahren erkundigt hätten. Antwort der Auskunftsperson K: Ja. Zumindest in der Causa Stadterweiterungsfonds.
Kanzler auf Tauchstation, Moser bestreitet WKStA-Zerschlagungspläne
K., der Kabinettsmitarbeiter des türkis-blauen Justizministers Moser war, habe von seinem Ex-Chef gehört, dass sich kein Geringerer als Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) über ein Strafverfahren informiert haben soll. In der Causa Stadterweiterungsfonds wurde gegen hohe ÖVP-nahe Beamte ermittelt; alle wurden freigesprochen. Moser habe laut K. dem Kanzler lediglich geantwortet, es laufe wie in jedem Verfahren. Dem „Standard“ zufolge wollte Kurz keine Stellungnahme zu den Vorwürfen abgeben.
Josef Moser hingegen wehrt sich, zumindest gegen eine Aussage zur möglichen Zerschlagung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Laut K. habe der Ex-Minister nämlich auch gesagt, man werde die „WKStA zerschlagen“. Das habe K. sehr beschäftigt, doch genau nachgehakt habe er nicht, sagte er gestern im U-Ausschuss. Moser bestreitet das: „Absoluter Holler“. Nach der BVT-Razzia habe man sich aber mit „Mängeln“ in der WKStA beschäftigt – eine Wortwahl, die bekannt vorkommt, wenn nach harten politischen Angriffen auf die Korruptionsanwälte zurückgerudert wird. Fakt ist: Im U-Ausschuss wurde einmal mehr deutlich, wie sehr die Behörde politischem Druck ausgesetzt ist.
Auskunftsperson mit „mächtigen Feinden“
K. stand im Ibiza-Ausschuss unter besonderer Beobachtung, da er die Ermittlungen gegen Fuchs und Pilnacek ausgelöst hatte. Berichte über den Ausschuss hätten darauf schließen lassen, dass nicht alle relevanten Dokumente zu den Ibiza-Ermittlungen vorgelegt worden seien. Obwohl er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr im Kabinett tätig war, übermittelte er den Behörden die E-Mails. K. fühle sich aber nicht als Whistleblower, sondern handle schlicht und einfach gesetzeskonform.
Angst habe er nicht, aber „unangenehm ist es schon“, zitiert ihn der “Standard”. K. sei eine Drohung zu Ohren gekommen, wonach er sich damit „mächtige Feinde“ gemacht habe.
OStA-Chef Fuchs und sein Verhältnis zum entmachteten Pilnacek
“Mächtige Feinde”, damit ist eben auch der Chef der Oberstaatsanwaltschaft, Johann Fuchs, gemeint. Auch Fuchs war gestern geladen. Er gilt als ÖVP-affin. Mit seiner Schredder-Weisung hatte er der WKStA die Ermittlungen zum Festplatten-Schreddern von Kanzlermitarbeiter Arno M. entzogen. Sein Auftritt wies Ähnlichkeiten zu Blümel, Bonelli & Co. auf, denn die Erinnerungsfähigkeit des Oberstaatsanwalts soll nicht besonders stark gewesen sein. Er könne nicht ausschließen, dass er Verfahrensakten an Pilnacek auch nach dessen Entmachtung als Chef der Weisungssektion im Justizministerium übermittelt habe. Sinngemäß sei Fuchs zudem der Meinung gewesen, der Justizminister sei über Hausdurchsuchungen bei Regierungsmitgliedern zu informieren. Dieser sitze ja immerhin beim Ministerrat mit etwaigen Betroffenen zusammen.
Blöd für Anhänger der Auffassung regen Informationsaustausches zwischen Justiz und Politik, dass Interims-Minister Werner Kogler (Grüne) kürzlich die 3-Tages-Berichtspflicht abgeschafft hat und Staatsanwaltschaften den Rücken freihalten will. Für eine Hausdurchsuchung wird die Fuchs-OStA nicht mehr drei Tage im Voraus, sondern spätestens bei der Durchführung informiert. Einmal mehr wurde klar, wie wichtig das Justizministerium ist – für die ÖVP, aber auch für die Grünen.
(wb/apa)
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