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Coronademos in Wien

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Coronademos in Wien

Das ist ein Unterüberschrift

Corona: Wieder Demonstrationen in Wien. Wutbürger, Rechtsradikale und Antifaschisten waren auf der Straße, ZackZack war dabei.

Thomas Walach

Wien, 10. April | “Die Mutter aller Demonstrationen” sollte es werden, ginge es nach den Veranstaltern. Doch im Schweizergarten beim Wiener Hauptbahnhof versammelten sich nur rund 500 Coronamaßnahmengegner. Unter ihnen: Martin Rutter, Gottfried Küssel und FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch.

In der Innenstadt formiert sich bei der Votivkirche eine Gegendemonstration von einigen hundert Radfahrern. Rund um den Ring ist es eine Spazierfahrt und im nahen Prater blühen wieder die Bäume. Fahrradklingeln, Schlachtgesänge: “Siamo tutti antifascisti!” und das anlassbezogene “Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda!” Im dritten Bezirk ruft eine junge Frau aus dem Fenster: “Alerta! Alerta!” “Antifascista”, schallt es von unten zurück.

Im Fasanviertel wird es enger, ruhiger. Die Polizei ist viel näher dran, das Geräusch des kreisenden Hubaschraubers lauter als die Schlachtrufe. An einer Engstelle bleibt ein Mannschaftstransporter stehen. Polizisten mit Sturmhauben statt FFP2-Masken springen heraus, treten gegen die Räder der Vorbeifahrenden. “Heats, seids ned so hoart!” ruft ein Demonstrant.

Am Gürtel geht es nicht weiter. Die Polizei hat die Straße gesperrt, Beamte machen Pfefferspray bereit. An der Spitze wird das Tempo gedrosselt und beratschlagt: Durch, oder ausweichen? Ausweichen. Hinauf zum Arsenal. Das Ziel der Gegendemo ist der Schweizergarten, wo die Maßnahmengegner und Rechtsradikalen sind. Das Ziel der Polizei: Beide Gruppen voneinander getrennt zu halten.

Küssel

Beim Eingang zum Heeresgeschichtlichen Museum steht Neonazi Gottfried Küssel mit einigen Anhängern hinter einer schützenden Polizeikette. Nicht alle Polizisten tragen Masken. “Weiterfahren”, wird durchgerufen. Aber einige aus der Gruppe können nicht widerstehen und lassen die Räder liegen. Rauchbomben fliegen, Menschen rennen in alle Richtungen. Die WEGA greift sich drei Demonstranten aus der Gruppe. Ein halbe Stunde lang geht nichts weiter. Die Leute skandieren: “Lasst die Gefangenen frei!” Eine junge Frau wird fast die ganze Zeit über von Polizisten gegen die Wand gedrückt, die Arme verdreht.

Die Polizei bringt die Festgenommenen durch das alte Kasernetor nach drinnen, außer Sicht. Es geht weiter.

Unten am Gürtel sind Maßnahmengegener und Rechtsextreme an der Polizeisperre angekommen. Sie versuchen, durchzubrechen, zerren Tretgitter weg. Die Luft ist voll Pfefferspray. Einige kommen durch, die meisten nicht. Zwischen rechts und links liegen 20 Meter Niemandsland.

Soros

Eine Frau redet auf die Polizisten ein: “Ich liebe doch die Polizei”, erklärt sie. “Wir sind frustriert, wir wollen einfach nur weitergehen und nicht hier eingesperrt sein.” Und die anderen, da drüben? “Die Antifa?” Achselzucken allenthalben. Was glauben Sie, warum die hier sind? Da wissen alle Bescheid: “Die werden bezahlt.” Von wem? “Von den Grünen”, glaubt eine Demonstrantin, aber die Umstehenden sind nicht überzeugt. Eine andere Erklärung findet mehr Zustimmung: “Von Soros. Soros, Soros, Soros.”

“Früher war es leichter”, sagt ein Polizeisprecher. Er meint: leichter, zu erkennen, wer wo hin gehört, wer militant ist, wer auf Krawall gebürstet.

Drüben, bei der “Antifa” bellen sich die Polizeihunde heiser. Eine Frau, die der Sperrkette zu nahe kommt, wird mit Schwung zu Boden gestoßen.

“Wir haben viel Verständnis für die da drüben”, erklärt eine Gruppe junger Leute. “Da sind viele frustriert. Das sind wir auch. Wir sind auch unfzufrieden mit einigen der Maßnahmen.” Aber, und dieses Aber hat sie auf die Straße gebracht: “Es geht nicht, dass man mit Nazis marschiert. Ich verstehe nicht, wieso man das macht.” Wissen die Maßnahmengegener denn, wem sie da nachlaufen? “Ich glaube nicht, dass die das wissen”, sagt eine junge Frau. Einer von ihren Freunden kann das nicht glauben. “Wie lange gibt es diese Querdenkerdemos jetzt schon? Das kann doch nicht sein, dass die nicht wissen, mit wem sie da unterwegs sind.”

Eine halbe Stunde später radle ich alleine zurück zum Arsenal. Die Polizei ist weg. Aber Küssel ist noch da und sitzt in der Sonne, als wäre nichts gewesen.

Titelbild: ZackZack

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