Platter schickte Geisler zur Verteidigung
Im Tiroler PCR-Skandal um die HG Pharma habe das Land Tirol „richtig gehandelt“, verteidigt Platter-Vize Josef Geisler die Auftragsvergabe. Der Vertrag blieb bisher geheim. Auch Antigen-Anbieter geraten ins Zwielicht.
Wien/Innsbruck, 12. Mai 2021 | Der Tiroler PCR-Labor-Skandal erreichte am Dienstag in einer außerordentlichen Sitzung auch den Landtag. In einer Fragestunde übte die Opposition heftige Kritik. Günther Platter schickte zur Verteidigung seinen Stellvertreter Josef Geisler nach vorne. Dieser war vor rund einem Jahr in die Schlagzeilen geraten, als er eine Naturschützerin „widerwertiges Luder“ nannte. Platter selbst verließ den Landtag noch während der Sitzung.
„Wir haben richtig gehandelt“
Geisler verdutzte mit seinen Antworten die Abgeordneten. Er stellte sich gegen die Kritik an der Auftragsvergabe (ohne Ausschreibung) an die HG Pharma zur Abwicklung von PCR-Tests: „Wir haben richtig gehandelt.“ Es sei „alles rechtens“ gewesen, damals habe man mehr Testkapazitäten gebraucht und einen entsprechenden Rahmen genützt, um ohne Ausschreibung vorzupreschen. Auch andere Bundesländer hätten dies getan.
Die Qualität der Tests, die von HG Pharma geprüft wurden, stehen indes weiterhin infrage. Die Tageszeitung „Standard“ hatte berichtet, dass die Ergebnisse Zehntausender Tests zu hinterfragen sind. Sollte dem so sein, sei der Auftraggeber dafür verantwortlich, so der Platter-Stellvertreter. Zugleich attackierte er aber den „Standard“: der eigentliche Skandal sei, dass über mutmaßlich 100.000 falsche Tests berichtet worden sei. Denn statt falschen Testergebnissen habe es falsche Mutationszuordnungen gegeben. Laut Geisler habe diese allerdings keine wirklichen Auswirkungen gehabt.
Aussitzen und Schweigen
Die Klubobfrau der Liste Fritz, Andrea Haselwanter-Schneider, die den Skandal aufdeckte, fragte:
“Warum beenden sie den Vertrag mit HG Pharma, wenn eh alles in Ordnung ist?”
Eine ordentliche Prüfung könne es nicht gegeben haben, denn sonst hätte man schnell gemerkt, dass es sich nur um „heiße Luft“ handeln würde. Dass Platter zuerst die Beantwortung auf seinen Stellvertreter abschob und dann gleich aus dem Landtag flüchtete, zeige „was er von demokratischen und parlamentarischen Vorgängen hält“.
“Platter hat heute eindrucksvoll unterstrichen, dass er auch weiterhin seine Spitzenbeamten und Vertreterinnen und Vertreter in der Landesregierung vorschicken wird, wenn ihm ein Thema nicht passt. Über dieser Taktik steht die Hoffnung Platters, mit Aussitzen und Schweigen möglichst glimpflich aus diesem Skandal der Tiroler Krisen- und Gesundheitspolitik herauszukommen“, so die Liste Fritz.
NEOS-Klubobmann Dominik Oberhofer assistierte Haselwanter-Schneider und sprach von einem “absoluten Nonsens”, den Herwig (HG Pharma) bisher als “Expertise” in Sachen Corona von sich gegeben habe. Vergabeexperten würden bezweifeln, dass eine Vergabe ohne Ausschreibung um rund acht Millionen Euro rechtens gewesen sei, meinte SPÖ-Chef und Klubobmann Georg Dornauer, dessen Partei die mündliche Anfrage einbrachte. Schließlich habe im vergangenen September – im Gegensatz zum vergangenen März – keine Corona-Notsituation mehr vorgeherrscht.
“Das Land trifft ein Auswahlverschulden. Das wird auch noch rechtliche Konsequenzen haben. Das kann ich Ihnen garantieren”, sagte indes FPÖ-Chef Markus Abwerzger. Schließlich sei das Bundesland aufgrund der falschen Testungen “abgeriegelt” und die Menschen ihrer Freiheit beraubt worden, so Abwerzger.
Vertrag noch geheim
Der grüne Koalitionspartner der ÖVP meinte, man würde heute wohl nicht mehr „an Herrn Herwig anstreifen.“ Ob der Vertrag des Landes mit der HG Pharma offengelegt wird, ist aktuell noch nicht entschieden. Laut Geisler würden Juristen prüfen, ob dem Land dadurch ein Schaden entstanden ist. Die HG Pharma hat ihrerseits bereits bekundet, dass “aus unserer Sicht nichts gegen eine Veröffentlichung der Vereinbarung mit dem Land spricht”.
Mittlerweile berichteten ORF Tirol und der Blog „dietiwag.org“ über mutmaßlich unsachgemäß durchgeführten Antigen-Schnelltests im großen Stil. Im Fokus stehen erneut die Anbieter. Die neue Gesundheitslandesrätin Leja kündigte nun „anonyme Kontrollen“ bei den Testanbietern an.
(ot)
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