»Nieder mit der Sperrstunde!«
Am Wochenende tanzte ganz Wien für die Rettung der Wiener Clubkultur. Die “IG Club Kultur” forderte das Wegfallen der Sperrstunde. ZackZack war unterwegs und hat sich ein Bild gemacht.
Wien, 31. Mai 2021 | Schon seit Monaten finden aufgrund der Corona-Pandemie keine Konzerte und andere Veranstaltungen mehr statt. Viele sehnen sich danach, wieder in Clubs tanzen zu können oder ihre Lieblingsband auf einem Konzert live mitzuerleben. Wegen der wirtschaftlichen Verluste fürchtet die Veranstaltungs- und Clubbranche schon seit mehr als einem Jahr um ihre Existenz.
Am vergangenen Wochenende sind zahlreiche Menschen auf die Straße gegangen um zusammen auf das drohende Aussterben der Wiener Clubkultur aufmerksam zu machen. Im Zuge dessen tanzte gefühlt ganz Wien auf zahlreichen Open Air-Veranstaltungen – die Stadt glich einem großen Festival. ZackZack war ebenfalls unterwegs und hat sich davon ein Bild gemacht.
“Nieder mit der Sperrstunde!”
Die im vorigen Sommer gegründete Interessensgemeinschaft für Wiener Clubkultur, die sich als Interessenvertretung der Szene versteht, forderte am Wochenende die Abschaffung der coronabedingt früheren Sperrstunde. Im Rahmen von Musikveranstaltungen an diversen Orten in Wien sollte auf dieses und weitere Anliegen sowie Missstände aufmerksam gemacht werden.
“Es wird der Eindruck erweckt, das Virus sei nach 22 Uhr oder 0 Uhr ansteckender, dafür gibt es keine wissenschaftliche Evidenz. Feiern werden so in den privaten Raum verdrängt, statt dass diese in sicheren Räumen wie Clubs, in denen Covid-19-Konzepte umgesetzt werden können, stattfinden können”,
argumentierte die “IG Club Kultur” in einer Aussendung und fügten hinzu: “Nieder mit der Sperrstunde!”
Thematisiert wurden am Wochenende unter dem Motto “Save the Rave” auch die “unkomplizierte Nutzung öffentlicher Flächen für Open Airs mit ordentlichem Abfallkonzept” und die Verbesserung von Arbeitsbedingungen in den Clubs.
Laut zu hören waren die Forderungen allemal. An verschiedenen Stationen wurde zu scheppernder Musik getanzt, unter anderem auch auf dem Heldenplatz direkt vor Hofburg, im Auer-Welsbach-Park und auf der Donauinsel. Und spätestens bei Falcos “Junge Römer” wurden auch vorbeigehenden Passanten abgeholt, die dann mit einem Lächeln im Gesicht mittanzten.
Karte des Aktionstag am Samstag, den 29. Mai 2021 / Quelle: IG Club Kultur
Die Veranstaltungen waren überall in der Stadt zu hören. Wien ist spätestens an diesem Wochenende aus dem Winterschlaf erwacht.
Open-Air auf der Donauinsel. Ordner haben für das Einhalten der Corona-Maßnahmen gesorgt, zum Schluss wurden Mistsackerl verteilt, um den Platz wieder sauber zu hinterlassen. / Foto: ZackZack
Open-Air auf der Arena Wiese im Prater. / Foto: ZackZack
“Mir bedeutet die Wiener Clubkultur einiges, da ich am Wochenende meinen Kopf freitanzen kann von den Strapazien des Arbeitsalltags. In Form von diesen Demonstrationen, ist es gut, dass das wieder in einer Form möglich ist. Dennoch ist es extrem wichtig, dass die Club-Kultur und alles was damit zusammenhängt nicht einfach ignoriert wird”,
so ein Passant gegenüber ZackZack.
Nachtgastronomie erst im Laufe des Sommers
Aufgerufen wurde zu der Aktion bereits im Vorfeld der Präsentation neuer Öffnungsschritte durch die Bundesregierung am Freitag. Bekanntgegeben wurde dabei etwa, dass ab Juli die Sperrstunde in der Gastronomie komplett fallen soll. „Der Standard“ berichtete jedoch, dass laut Gesundheitsministerium die „typische Nachtgastronomie“, also Clubs und Discos, „erst im Laufe des Sommers“ ohne Einschränkungen öffnen werden können. Laut „Standard“ geht es dabei etwa um die Konsumation von Getränken ohne Abstand im Stehen.
Studie gibt Hoffnung
Eine neue im Fachmagazin »The Lancet Infectious Diseases« veröffentlichte Studie von spanischen Forscherinnen und Forschern liefert jetzt erste Hinweise darauf, unter welchen Bedingungen Veranstaltungen wie Konzerte in geschlossenen Räumen auch während der Pandemie stattfinden könnten. Finanziert wurde die Studie von Konzertveranstaltern.
Für die Untersuchung hat das Wissenschaftlerteam um Josep Llibre vom “Germans Trias i Pujol University Hospital” 465 Menschen zu einem Konzert in einer Halle in Barcelona eingeladen, in die sonst 900 Menschen passen. Weitere 495 Teilnehmende bildeten die Kontrollgruppe und gingen ihrem normalen Leben nach.
Feiern und tanzen ohne Abstand
Bei dem Konzert am 12. Dezember vergangenen Jahres im “Sala Apolo” in Barcelona traten zwei DJs und zwei Musikgruppen auf. Insgesamt dauerte die Veranstaltung fünf Stunden, die Besucherinnen und Besucher blieben im Durchschnitt etwas länger als zweieinhalb Stunden. Wie das deutsche Online-Magazin “Spiegel” berichtet, durften die Menschen singen und tanzen, bestimmte Abstände zueinander mussten sie nicht einhalten, auf dem Konzert jedoch kontinuierlich N95-Masken tragen, die vergleichbar mit FFP2-Masken sind.
Eine zentrale Rolle des Sicherheitskonzepts spielte die Teststrategie: Alle Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer wurden am Morgen vor dem Konzert mittels Schnelltests auf das Coronavirus getestet. Außerdem mussten sie eine App zur Kontaktnachverfolgung herunterladen und eine weitere App installieren, auf der sie die Testergebnisse erhielten.
Titelbild: ZackZack/jz