Causa Belarus
In einem offenen Brief stellt die A1 Datenschützer Thomas Lohninger an den Pranger. Lohninger antwortet und kritisiert besonders die wirtschaftliche Verstrickung mit dem diktatorischen Regime Lukaschenkos.
Wien, 14. Juni 2021 | Die Datenschutzorganisation „epicenter.works“ plant eine Demonstration vor dem A1 Telekom Austria-Hauptgebäude. Es soll gegen die Unterdrückung der Demokratiebewegung protestiert werden. Man will dabei auf die wirtschaftlichen Verstrickungen mit Belarus aufmerksam machen. A1 hat daraufhin einen offenen Brief an „epicenter.works“-Geschäftsführer Thomas Lohninger geschrieben.
Darin betont man, der Konzern hätte die Demo-Ankündigung mit “Verwunderung zur Kenntnis genommen”, doch hätte man seit der Belarus-Krise „immer den Weg einer transparenten und offenen Kommunikation verfolgt“. Weiters rechtfertigt A1 die Abschaltungen des Internets in Belarus mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen des Landes.
Thomas Lohninger hat seinerseits ebenfalls mit einem offenen Brief geantwortet. Darin fordert er den Austritt aus den geschäftlichen Beziehungen zu Belarus und äußert seine Bedenken gegenüber A1, das sich seiner Ansicht nach einem diktatorischen Regime beugen würde.
“Internetsperre nicht im Interesse des Unternehmens”
In dem Brief von A1 an Thonas Lohninger heißt es:
„Wir haben das als einziger Anbieter in Belarus immer angekündigt und transparent gemacht. Wir haben dies auch vor dem Hintergrund gemacht, weil die Behörden in Belarus technisch die Möglichkeit außerhalb unseres Netzes haben, bei Nichteinhaltung der Anordnungen das gesamte Internet im gesamten Land nicht nur zu drosseln, sondern zu unterbinden.”
Die letzte Anordnung der Einschränkung der Internetversorgung in Belarus an A1 sei im November 2020 gefolgt. Für die Internetausfälle seien die Kundinnen und Kunden finanziell entschädigt worden, so das Unternehmen. “Sie können also sicher sein, dass solche Internetsperren nicht im Interesse des Unternehmens sind“, heißt es weiter im Brief.
“Welchen Anteil hat Österreich an Lukaschenkos Macht?”
Lohninger antwortet: „Aus unserer Sicht hätte A1 schon längst für Aufklärung in dieser Sache sorgen müssen, erst recht nach den Eskalationen der jüngsten Zeit.” Er fordert A1 dazu auf, offenzulegen, welche Anordnungen das Unternehmen von der Lukaschenko-Regierung bekommen habe.
“Wurden etwa Standortdaten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Demonstrationen an das Regime beauskunftet oder wurden die Gesprächsinhalte von Oppositionellen ausgeleitet? Welchen Anteil haben österreichische Unternehmen und auch die Republik Österreich daran, dass Lukaschenko immer noch im Amt ist?”, fährt Lohninger fort und fügt hinzu, dass A1 und anderen österreichischen Unternehmen aktiv zur Stabilisierung des Regimes beitragen würden.
“Österreich hat eine Mitschuld”
Die A1 Telekom Austria verwies auf Nachfrage von ZackZack lediglich auf den Brief und betonte, dass sich Abschaltungen des Internets in Belarus nicht verhindern ließen. Ebenfalls stünden Herrn Lohninger Forderungen zwar fei, man wollte jedoch keine weiteren Auskünfte geben.
Gegenüber ZackZack äußert sich Lohninger empört:
„Wenn man in so einem Regime Geschäfte macht, ist das eine Entscheidung. Es geht hier klar um die Frage der Werte – Österreich hat hier eine Mitschuld und eine Verantwortung gegenüber der österreichischen Bevölkerung.“
Seiner Meinung nach hätte allein die Einforderung von A1, sich aus dem Geschäft in einem diktatorischen Land zu ziehen, bereits einen großen Effekt.
„Ich glaube, es gibt schon ein großes Bewusstsein über die geschäftliche Vernetzung zu Belarus, das sieht man auch in den Tweets von Bundeskanzler Sebastian Kurz. Man sagt immer, man sei voll und ganz für die Sanktionen, steht aber steht aber auf der Bremse im Rat der EU Mitgliedstaaten. Österreichs Bevölkerung muss sich die Frage stellen: Will man bei A1 noch Kunde sein? Die Deutsche Telekom (Magenta) hat sich bewusst aus Märkten mit Rechtsstaatdefiziten gezogen, wie zum Beispiel in Albanien.“
(jz)
Titelbild: APA Picturedesk