Ministeranklagen gescheitert
Die Ministeranklagen sind gescheitert, zu Ungarn-Regenbogenverbot schaffte der Nationalrat am Mittwoch nur einen äußerst verwaschenen Antrag.
Wien, 17. Juni 2021 | Die „APA“ bezeichnete den gestrigen Start in die parlamentarische Plenarwoche als „mäßig aufregend“. Woher diese Einschätzung rührt, ist fraglich, denn die Inhalte waren am Mittwoch im Parlament nicht nur dicht gestaffelt, sondern auch brisant.
Änderung bei Kündigungsschutz verschoben
So wurde am Mittwoch etwa die Umstrukturierung der Kündigungsfrist mit den Stimmen von Türkis-Grün verschoben. Davon sind rund 600.000 Personen betroffen, für die Gewerkschaften ein weiterer Beweis für den „niederträchtigen Umgang“ der Regierung mit den Arbeitern.
Worum geht es? Der Antrag auf gleichen Kündigungsschutz für Angestellte und Abgeordnete wurde erneut für drei Monate verschoben. Damit bestehe für Hunderttausende weiterhin die Gefahr, „binnen weniger Tage ihren Arbeitsplatz zu verlieren“, erinnern die Gewerkschaften PRO-GE und Vida in einer Aussendung.
Eine SPÖ-Antrag auf ein Maßnahmenpaket für Frauen am Arbeitsmarkt wurde ebenso von der Regierungsmehrheit abgeschmettert wie die FPÖ-Forderung nach einem Schulstartgeld für alle Erstklässler von Volks- und Hauptschule.
Verwaschener Regierungsantrag zu Ungarn
Anlässlich der Verbannung des LGBT-Regenbogens aus Ungarn erhielt ein türkis-grüner Antrag eine Mehrheit, „sich für den Schutz von LGBTIQ-Personen in Europa einzusetzen“. Ein Entschließungsantrag der Opposition, Orbans Attacken auf die Community zu verurteilen, wurde dagegen abgelehnt. „Orbans Grenzüberschreitungen erfordern klare Worte – kein Geschwurbel“, kommentierte LGBTIQ-Sprecher der NEOS Yannik Shetty auf Twitter.
Erwartungsgemäß wurden die Ministeranklagen gegen Gernot Blümel (ÖVP) und Margarete Schramböck (ÖVP) abgelehnt. SPÖ-Matznetter übte vor allem an den Grünen scharfe Kritik. Er könne nicht verstehen, wie eine Überprüfung der Rolle Schramböcks beim Kaufhaus-Österreich-Desaster blockiert werden könne. Die Grünen würden der ÖVP „die Räuberleiter“ machen.
Ministeranklagen gescheitert
Der stellvertretende SPÖ-Klubvorsitzende Jörg Leichtfried bekräftigte die SPÖ-Position zur Ministeranklage gegen Blümel: „Wer die Verfassung, auf die er angelobt ist, die er geschworen hat, zu achten, mit Füßen tritt, hat in einem Ministeramt nichts mehr verloren. Blümel hat die Verfassung gebrochen, also muss er gehen!“ Die Grünen erinnerte er an ihren Wahlslogan „Wen würde der Anstand wählen?“.
Die Europastunde drehte sich um die mögliche Abschaffung von Bargeld und der EU-Schuldenunion. Diese Themen brachte die FPÖ aufs Tablet. Kurz verteidigte die Rekordverschuldung mit der beispiellosen Krise, die es eben erfordern würde, „auf europäischer Ebene Geld in die Hand zu nehmen“.
Lohndumping wird für Unternehmer billiger
Vor der Plenarwoche entschied der Ministerrat bereits die Abschaffung des sogenannten Kumulationsprinzips. Bisher zahlte man als Arbeitgeber pro Vergehen gegen einen Arbeitnehmer eine Strafe, bei 20 Arbeitnehmern, 20 Strafen. Nun wäre in so einem Fall nur noch eine Strafe zu bezahlen.
Die Regierung hat sich heute darauf geeinigt, das #Kumulationsprinzip für Arbeitgeber bei Lohn- und Sozialdumping abzuschaffen. Das ist ein Rückschritt und für Beschäftigte ein massiver Nachteil! Willi Mernyi, Leitender Sekretär des ÖGB, erklärt was das bedeutet: pic.twitter.com/qvGVRCBl4X
— ÖGB (@oegb_at) June 16, 2021
(ot)
Titelbild: APA Picturedesk