Krainer erinnert an “versehentlich” nicht gelieferte Akten
Finanzminister Gernot Blümel droht erneut Ungemach vom VfGH. Am Dienstag war sich Blümel sicher, alle Akten an den U-Ausschuss geliefert zu haben. SPÖ-Abgeordneter Krainer zweifelt daran.
Wien, 22. Juni 2021 | ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel, der diese Woche zum dritten Mal im U-Ausschuss befragt wird, sagte am Dienstag bei eienr Pressekonferenz, dass er alle Akten an das Parlament geliefert habe.
Blümel beantragt Einstellung des Exekutionsverfahrens
Blümel hat am gestrigen Montag die Einstellung des Exekutionsverfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof betreffend Aktenlieferungen beantragt und Bundespräsident Alexander Van der Bellen eingeladen, sich von der Vollständigkeit der Aktenlieferungen zu überzeugen. Das sagte der Minister bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Er habe zudem mehrere juristische Gutachten in Auftrag gegeben, in denen arbeitsrechtlichen Fragen in Zusammenhang mit Aktenlieferungen an den U-Ausschuss geklärt werden sollen.
Den Vorwurf der Opposition, dass noch immer nicht alle erforderlichen Unterlagen aus dem Finanzministerium geliefert worden seien, wies er zurück. Mit diesem Vorwurf würde die Opposition den Beamten seines Hauses indirekt Amtsmissbrauch vorwerfen. Es seien über 37.000 Emails und elektronische Dokumente an den U-Ausschuss übermittelt worden, sagte Blümel. Die Entscheidung darüber, welche Emails privat sind und welche dem U-Ausschuss geliefert werden müssen, treffen die Mitarbeiter selbst, denn er könne als Arbeitgeber nicht in deren Postfächer eindringen.
Die Führungskräfte des Ressorts haben mit ihrer Unterschrift bestätigt, dass sämtliche relevante Unterlagen übermittelt worden seien. “Wenn die Opposition behauptet, dass nicht vollständig geliefert wurde, wirft sie den Mitarbeitern vor, nicht die Wahrheit zu sagen.” Wenn dieses Thema einmal erledigt sein werde, erwarte er sich eine Entschuldigung den Mitarbeitern gegenüber, sagte Blümel.
NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper nahm auf Twitter-Stellung zur Blümel-Pressekonferenz. Die Verantwortung trage der Finanzminister, nicht seine Mitarbeiter.
Nein, @Gernot_Bluemel, wir werfen nicht den Mitarbeiter_innen des BMF vor, dass sie die VfGH-Entscheidungen ignoriert haben, bis der Bundespräsident mit dem Exekutor vor der Tür stand – das ist allein Ihre Verantwortung. #Blümel #IbizaUA
— Stephanie Krisper 🇪🇺🇺🇦 (@steffi_krisper) June 22, 2021
Krainer erinnert Blümel an sein “Versehen”
SPÖ-Fraktionsführer im Untersuchungsausschuss Jan Krainer widerrum machte Blümel darauf aufmerksam, dass er wesentliche Daten “irrtümlich” nicht geliefert habe. Bei den “versehentlich” nicht übermitteltenden Daten handelt es sich, wie ZackZack herausfand, ausgerechnet um die Unterlagen jener Mitarbeiter, die für die Ausschreibung des ÖBAG-Vorstandspostens zuständig waren.
Minister #Blümel behauptet, er habe am 5. Mai alles geliefert. Erst letzte Woche hat er eingestanden, „irrtümlich“ wesentliche Dateien zur Bestellung von Schmid zum ÖBAG-Vorstand „versehentlich“ nicht geliefert zu haben. Er hat noch immer nicht alles geliefert. #IbizaUA pic.twitter.com/efYFDOOZPS
— Jan Krainer (@KrainerJan) June 22, 2021
Zwischen Blümel und der Opposition gibt es schon seit Wochen einen Zwist um Lieferungen von Unterlagen aus dem Finanzministerium. Der Minister hatte anfangs viele Akten zurückgehalten. Das endete damit, dass der VfGH einen Exekutionsantrag an den Bundespräsidenten stellte, der den Finanzminister letztlich zum Einlenken bewegte. Blümel betonte heute neuerlich, Fehler gemacht zu haben und sich für diese zu entschuldigen.
Kickl fordert U-Ausschuss-Verlängerung
Der neue FPÖ-Chef Herbert Kickl hat am Dienstag einmal mehr die Fortsetzung des Ibiza-U-Ausschusses gefordert. Als “interessanten Aspekt” will er den Wirecard-Skandal und mögliche Verbindungen zur ÖVP beleuchten, wie er bei seiner ersten Pressekonferenz als gekürter FPÖ-Obmann sagte.
Nach Ansicht des neuen FPÖ-Chefs Kickl hat der U-Ausschuss trotzdem bisher vieles zutage gefördert: “Wir reden nicht mehr von ‘sauren Wiesen’, die trockengelegt werden müssen, sondern von Jauchengruben, die ausgepumpt werden müssen.” Kickl berichtete, er habe mit einem Kollegen der deutschen AfD gesprochen, der im deutschen Wirecard-Ausschuss tätig ist – und aus diesem Gespräch habe sich ergeben, dass es bei diesem Thema “interessante Verbindungen nach Österreich” gebe – und zwar “nicht irgendwohin, sondern ins Bundeskanzleramt”. Auch erinnerte Kickl an die “Tatsache, dass (Wirecard-Gründer, Anm.) Markus Braun Großspender der ÖVP” gewesen sei und auch im Thinktank des Kanzleramtes saß.
Der U-Ausschuss sei “wahrscheinlich der erfolgreichste U-Ausschuss der zweiten Republik” gewesen, meinte Kickl. Es sei interessant, dass dies trotz “aller Versuche der ÖVP, den Ausschuss zu zerschlagen”, gelungen sei. Heute würde die Bevölkerung beim Stichwort “Ibiza” eher an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid denken – und weniger an die Proponenten des Ibiza-Videos, so Kickl. “Der U-Ausschuss wurde als Richtstätte der FPÖ initiiert, es wurde aber eine Ausgrabung des ‘tiefen Staates’.”
(apa/bf)
Titelbild: APA Picturedesk