Gütezeichen-Tricks:
Die Umweltorganisation “Greenpeace Österreich” hat Güte- und Biosiegel genau unter die Lupe genommen. Das Ergebnis ist ernüchternd.
Wien, 09. Juli 2021 | In Österreich gibt es einen Haufen an Gütesiegeln, Marken- und Qualitätszeichen. Mehr als 200 von ihnen begegnen uns auf den Produkten beim Einkauf in den Supermärkten. Da ist es leicht, den Überblick darüber zu verlieren, welche Kennzeichnungen noch vertrauenswürdig sind.
Die Umweltschutz-Organisation “Greenpeace Österreich” hat seit 2018 Gütezeichen im Lebensmittelbereich unter die Lupe genommen. 2021 wurden die Bewertungen aktualisiert. Das Ergebnis ist laut “Greenpeace Österreich” alarmierend: Rund ein Drittel der 31 Gütezeichen ist nicht, nur wenig oder nur bedingt vertrauenswürdig. Manche sind sogar schädlich für die Umwelt – wie etwa das Fischzeichen “MSC” oder das Palmölzeichen “RSPO”.
Quelle: Greenpeace Österreich
Viele trügerische, schwarze Schafe
Gütezeichen sind neben dem Preis der beste Verkaufsförderer. Durch schwarze Schafe unter den Gütezeichen verlieren viele, eigentlich seriöse und nachhaltige Gütesiegel, ihren Ruf. Globale, monopolartige Gütezeichen wie beispielsweise “RSPO” und “FSC” tragen erst gar nicht zum Schutz der Umwelt bei, holzen die Regenwälder ab und sichern auch nicht die Einhaltung von Menschenrechten.
“Auch im Fischbereich haben wir gesehen, dass Gütezeichen nicht zu einer Reduktion der Überfischung geführt haben”, so “Greenpeace Österreich”-Geschäftsführer Alexander Egit. Zertifizierungen wie das “MSC”-Siegel würden seiner Erläuterung nach entgegen ihrer Marketing-Versprechungen keine Nachhaltigkeit garantieren.
“Wir brauchen konsequente Gesetze, um die Biodiversität zu bewahren. Es darf nicht die Verantwortung der Konsumentinnen und Konsumenten sein, ob Regenwälder und andere Ökosysteme geschützt und Menschenrechte eingehalten werden”,
fügt Egit hinzu.
Weg von Mogelpackungen, hin zu regionalen Produkten
“Greenpeace Österreich”-Expertin Lisa Panhuber empfiehlt gegenüber dem “Ö1 Morgenjournal”, ganz auf Meeresfische zu verzichten und eher zum heimischen, österreichischen Fisch zu greifen. Denn die Gütesiegel “MSC” und “ASC” sollen eigentlich angeben, dass etwas gegen die Überfischung (90 Prozent der Speisefische sind laut “Greenpeace Österreich” bereits bis an die Grenze genutzt oder überfischt) der Meere getan wird. In der Realität sehe das laut Panhuber anders aus:
“Auch diese Fische werden mit riesigen Fischnetzen gefangen, somit wird keine Erholung der Meere möglich – ganz im Gegenteil: Die Fische werden noch stärker befischt”,
so Panhuber gegenüber dem “Ö1 Morgenjournal”.
Erfundene Gütesiegel
Viele Zertifikate und Gütesiegel sind außerdem von Unternehmen sogar selbst entworfen worden. Firmen legen sich demnach selbst direkt oder indirekt Qualitätsstandards auf, die Überprüfung nehmen sie ebenfalls selbst vor. Diese Gütesiegel erwecken somit schnell das Gefühl von Vertrauen, wofür laut “Greenpeace Österreich” gerne tiefer ins Geldbörsel gegriffen werden würde.
Das Problem ließe sich am Beispiel des in Österreich bekanntesten Gütesiegels verdeutlichen: “Greenpeace” stellt dem “AMA”-Gütesiegel nur ein “bedingt vertrauenswürdig” aus. Denn obwohl das Siegel verspricht, dass die Produkte einer höheren Qualität als gesetzlich vorgegeben entsprechen, weist die Umweltschutzorganisation auf massive Schwachpunkte hin: Fleischprodukte mit dem “AMA”-Gütesiegel schließen etwa nicht aus, dass die Tiere gentechnisch veränderte Futtermittel und Antibiotika bekommen haben.
“AMA”-Gütesiegel / Foto: APA
Generell lasse der Tierschutz bei “AMA” zu wünschen übrig, vor allem bei der Schweinefleischproduktion.
(jz)
Titelbild: APA Picturedesk