Die beiden Klubchefs Sigrid Maurer (Grüne) und August Wöginger (ÖVP) waren endlich wieder einmal gemeinsam im Fernsehen. Die Themen: Ein Haufen “Brösel”, “fragwürdiges Verhalten” und muss der Kanzler bei einer Anklage zurücktreten?
Wien, 14. Juli 2021 | Die türkis-grüne Regierung geriet in den vergangenen Monaten nicht nur einmal heftig aneinander. Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer unterstellte dem Koalitionspartner im Februar etwa „ein gestörtes Verhältnis zum Rechtsstaat“. Die ÖVP schoss sich neuerdings auf die Justizministerin ein.
“Brösel” in der Regierung
Am Dienstagabend bezeichnete der ÖVP-Klubobmann August Wöginger im ORF-Report diese Streitigkeiten, als „Brösel“. Manchmal komme es auch vor, dass „etwas ausgeredet werden muss.“ Wöginger ist sich jedoch sicher, dass Maurer und er das „gut im Griff haben“.
Einen großen „Brösel“ dürfte es, aber bei der Justizministerin geben. Der ÖVP-Vorwurf: Alma Zadic hätte das Parlament nicht ausreichend über die Ermittlungsschritte der WKStA informiert. So schoss etwa der ÖVP-Abgeordnete Wolfgang Gerstl gegen Zadic: „Die Justizministerin darf sich nicht außerhalb des demokratischen Systems stellen. Die Justizministerin ist kein Staat im Staat.“ Gefragt, ob Wöginger noch Vertrauen in die Justizministerin habe, antwortete dieser ausweichend: „Natürlich haben wir Vertrauen in die gesamte Bundesregierung. Einige Vorgänge beim Untersuchungsausschuss haben uns aber stark zweifeln lassen. Da geht es aber nicht um die Justizministerin.“ Als Reaktion deckten ÖVP-Abgeordnete die grünen Ministerien diese Woche mit Anfragen ein. Für die Grüne Klubchefin Maurer nichts Ungewöhnliches: “Meine Güte, das gehört zum Parlamentarismus dazu.”
Gerstl und Hanger mit “fragwürdigem Verhalten”
Maurer wurde gefragt, ob sie noch zu ihrem Befund aus dem Februar über das gestörte Verhältnis der ÖVP zum Rechtsstaat stehe. Die ÖVP-Abgeordneten Wolfgang Gerstl und Andreas Hanger hätten „ein sehr fragwürdiges Verhalten regelmäßig, die treten äußerst schrill auf.“ Aber, sie kommentiere nicht alles „was aus der dritten Reihe der ÖVP kommt“.
Harmonischer ging es zwischen den beiden Klubobleuten bei den bisherigen Gesetzen zu. Beide lobten die “gelungenen Projekte”, die die Koalition bereits umgesetzt hat – etwa das kürzlich beschlossene Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, das Universitätsgesetz oder die Reform des BVT. “Wenn wir nur streiten würden, wäre so etwas nicht möglich”, lautete der Tenor. Die Medien würden sich zu sehr auf Konflikte konzentrieren.
Kanzler-Rücktritt bei Anklage? Anschauen, was drinsteht
Ein Konflikt, der auf die Regierung allerdings noch zukommen dürfte, ist die drohende Anklage gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz wegen mutmaßlicher Falschaussage vor dem U-Ausschuss. Die Grünen hielten sich bis jetzt noch bedeckt, ob der Bundeskanzler, sollte es tatsächlich zu einer Anklage kommen, zurücktreten müsse. Maurer antworte äußerst vorsichtig: „Sollte es zu einem Strafantrag kommen, dann wird man sich anschauen, was da drinnen steht und bewerten.“ Ein verurteilter Bundeskanzler sei jedoch nicht vorstellbar. Das ist auch die Linie von Grünen-Chef Werner Kogler.
Die Sendung zum Nachsehen gibt es hier.
(bf)
Titelbild: Screenshot/ORF