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Nehammer-Geldforderung gegen kritische Facebook-User

Nehammer-Geldforderung gegen kritische Facebook-User

FPÖ-Unterstützung für Betroffene

Die Frau von Karl Nehammer setzt Facebook-Nutzer per Anwalt unter Druck. Wer ein „falsches“ Posting geteilt hatte, bekam einen Anwaltsbrief mit einer Forderung von 4.500 Euro.

Wien, 28. Juli 2021 | Katharina Nehammer, die Frau des ÖVP-Innenministers, klagt reihenweise Social-Media-Nutzer aufgrund  eines unliebsamen Postings. ZackZack liegt der Anwaltsbrief gegen eine Privatperson vor, die von Nehammer auf 3.500 Euro zuzüglich Anwaltskosten (knapp 1000 Euro) einfordert.

Posting-Klage zu Hygiene Austria

Dutzende Personen haben einen Anwaltsbrief von Frau Nehammer bekommen, „vielleicht sind es auch hunderte“, sagte FPÖ-Susanne Fürst. Frau Nehammer war früher Pressesprecherin in zwei ÖVP Ministerien und wechselte später in die ÖVP-nahen Agentur Schütze. Das Posting, das knapp 1000-mal auf Facebook geteilt wurde, hatte sich auf das Masken-Skandalunternehmen Hygiene Austria bezogen. Post vom Nehammer-Anwalt haben Menschen bekommen, die das Posting nur geteilt, nicht aber verfasst haben.

Der Auslöser

„Wenn ich nicht sofort zahle, stehe ich vorm Strafrichter“, suggeriere der Anwaltsbrief. Denn im Brief kommt ein „Vorschlag“. Wenn man umgehend zahlt, und die Behauptung nicht mehr verbreitet, sei die Sache erledigt.

Susanne Fürst zweifelt daran, dass das Posting überhaupt ehrverletzend sei. Das Posting war faktisch allerdings nicht ganz korrekt: Nehammer arbeitete im Februar eben bei der PR-Agentur Schütze und nicht bei der Hygiene Austria. Schütze machte allerdings PR für die Hygiene Austria, ob auch Frau Nehammer daran beteiligt war, sei laut FPÖ unbekannt. Die Schütze Agentur bestreitet die Zuständigkeit Nehammers für Hygiene Austria.

Die weiteren Punkte hätten aber gestimmt und oder wären nach Meinung der FPÖ nach eine zulässige Bewertung. „Das brave Volk glaubt, es war für die Gesundheit“, wäre eine zulässige Bewertung, sagt Fürst. Der Umetikettierungsskandal sei ohnehin erst später aufgekommen. Das für dieses Posting einfach Bürgern mehrere Tausend Euro abgeknöpft werden soll, sei „verwerflich, bedenklich“ und nicht verhältnismäßig.

Schock für Betroffene

Die FPÖ präsentierte per Video einige Betroffene. „Es war ein Schock für mich“, sagte da etwa eine Frau. „Das ist für mich viel Geld“, kommentierte ein anderer. Oder: „Ich weiß nicht, wie ich diese 4.500 Euro organisieren soll“. Ein weiterer: „Ich kann nur träumen von den Summen, auf denen sie mich hier klagen.“

Der “Vorschlag” von Nehammers Anwalt

Ein Betroffener meldete sich auch bei ZackZack: Er bekam Post von Nehammers-Anwalt, weil er das Posting „angeblich“ weitergeleitet habe. Er halte aber fest, dass er mit dem Posting nichts tun habe. Tatsächlich fehlt im Anwaltsbrief an die Betroffenen jeglicher Beweis, dass die Personen das Posting auch tatäschlich geteilt hätten. Der Betroffene betont gegenüber ZackZack auch, dass es im Brief so wirke, als wäre das Urteil „schon in Stein gemeißelt“, als würde schon eine rechtskräftige Verurteilung bestehen“.

FPÖ kündigt Sachverhaltsdarstellung an

Das waren Menschen, die „monatelange von der Regierung eingesperrt worden sind“ und das „perspektivenlos“, sagte FPÖ-Hafenecker. Er glaubt, dass Gerichte das Posting nicht als „üble Nachrede“ oder „Ehrenbeleidigung“ einstufen würden. Hafenecker erinnerte auch an die Razzia beim Masken-Konzern, hier stehe im Raum, dass es im Vorfeld zu einer Informationsweitergabe gekommen sei. Hafenecker kündigte eine Sachverhaltsdarstellung an. Darauf sei man gekommen, als man sich die Chronologie der Kontroverse um das Nehammer-Posting genauer angesehen hatte. Nehammer habe sich von der Hygiene schon Wochen vor der Razzia distanziert, als ÖVP-Politiker dort noch zum Fototermin aufgeschlagen waren. Schon im Februar hatte sie Klagen angekündigt.

Der FPÖ-Abgeordnete fragt sich auch, wie der Anwalt an die Daten der betroffenen Personen gekommen ist. Man müsste aufklären, ob hier nicht das Innenministerium beteiligt war und kritisiert den bekannten Medienanwalt Michael Rami. Der Brief sei als Serienbrief und ohne fundierten Beweis versendet worden. Die Freiheitlichen wollen Rechtsberatung anbieten und rufen alle Betroffenen auf, sich zu melden. Ein anderer Weg wäre es, „die Sache“ von Seiten Nehammers einfach zurückzuziehen. Anwalt Michael Rami widersprach der FPÖ-Pressekonferenz gegenüber der „APA“. Er findet die 3.500 zuzüglich 1000 Euro Anwaltskosten „angemessen“. Zwischen Rami und der FPÖ dürfte der Haussegen schief hängen: Rami war auf FPÖ-Ticket in den Verfassungsgerichtshof gekommen.

(ot)

Titelbild: APA Picturedesk

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