Köstinger in Kritik
Das Köstinger-Ministerium möchte im Augarten für weniger Bäume und mehr Events sorgen. Die Grünen und Anrainer sind besorgt.
Wien, 2. September 2021 | Der Augarten im 2. Wiener Gemeindebezirk zählt mit seinen grünen Wiesen und unzähligen Bäumen als ein “allen Menschen gewidmeter Erlustigungs-Ort”, wie es auf dem Haupttor steht.
Die “Erlustigung” soll nun um eine Veranstaltungszone in der Allee am Sechseckplatz erweitert werden, wie der “Standard” berichtet. Das würde jedoch auf Kosten von über 60 Bäumen passieren, geht es nach den Plänen von Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP). Anrainer und die Grünen im Bezirk zeigen sich alarmiert.
Reise in die Vergangenheit
Das Landwirtschaftsministerium will im Augarten einen, wie es heißt, ursprünglichen Zustand wiederherstellen. Denn im Zuge einer Recherche hätte sich herausgestellt, dass der Sechseckplatz zu Kaiserzeiten auch für Konzerte genutzt worden sei. Deswegen soll die besagte Fläche von 5.000 Quadratmetern nordwestlich des Flakturms in eine Eventzone umgewandelt werden.
Heute ist diese Fläche eine Allee, die zum Flakturm führt und im Sommer Schatten spendet. Die Grünen befürchten, dass die Errichtung einer solchen Zone mit etlichen Baumfällungen einhergeht, denn anders ließe sich das Ziel nicht realisieren.
Gegenwind für Köstinger
Die Direktorin der Bundesgärten und Ex-Vizekabinettschefin von Köstinger, Katrin Völk, beteuerte zwar, dass es nicht im Interesse der Bundesgärten sei, den Augarten zu einer großen Eventlocation umzudisponieren. Das Areal könnte aber beispielsweise für einen Christkindlmarkt genutzt werden. Für die gefällten Bäume plane man eine Nachpflanzung, heißt es weiter. Zunächst müssten aber alte Bäume gefällt werden.
“Soviele Bäume inmitten eines Naherholungsgebietes zu roden, ist kein zukunftsträchtiger Umgang mit Grünraum und mit der Klimakrise. Offensichtlich zählt nur mehr das Motto ‘Beton statt Grün'”, heißt es in einer Aussendung vom Grünen Planungssprecher Kilian Stark.
Die Baumfällung beklagt auch der stellvertretende Bezirksvorsteher der Leopoldstadt, Bernhard Seitz, ebenfalls von den Grünen. Insbesondere zu Zeiten des Klimawandels brauche man die Bäume und der Augarten sei ein Erholungsraum. Für “Halligalli” gäbe es ausreichend Raum an anderen Standorten, wie etwa der Kaiserwiese im Wiener Prater.
Aufschrei in sozialen Medien
Der Aufschrei in den sozialen Medien ist jetzt schon groß. Die Rechtfertigung, man wolle einen angeblichen historischen Zustand wiederherstellen, sei nicht stichhaltig. Dass der Augarten zu Kaiserzeiten nicht für alle Menschen zugänglich gewesen sei, sei nämlich auch ein “historischer Zustand”, genauso wie die Tatsache, dass es ursprünglich keine Flaktürme gegeben habe.
Außerdem würden Veranstaltungen im Augarten ohnehin stattfinden. Es gäbe in Wien genug Betonflächen, an denen private Events stattfinden könnten, wie etwa auf der Donauinsel.
(nb)
Titelbild: APA Picturedesk