Schweiz:
Ein “historischer” Entscheid: Die Schweiz öffnet die Ehe für homosexuelle Paare. Kein einziger Kanton sagt “Nein”. ZackZack hat sich bei den LGBTQ-Sprechern in Österreich umgehört.
Bern, 27. September 2021 | Als eines der Schlusslichter in Westeuropa erlaubt die Schweiz nun auch die Ehe für alle. Der Vorstoß von Kritikern, die dies verhindern wollten, ist am Sonntag bei einer Volksabstimmung deutlich gescheitert. Nach Auszählung der Stimmen aus allen 26 Kantonen waren 64,1 Prozent der Wählerinnen und Wähler für die Zulassung der Eheschließung von lesbischen und schwulen Paaren, wie die Tabelle des Schweizer Fernsehens SRF zeigte.
Startschuss 1. Juli 2022
Die Gesetzesänderung war schon beschlossen, wegen der Abstimmung aber auf Eis gelegt. Die Schweizer Regierung, der Bundesrat, kündigte umgehend eine rasche Umsetzung der neuen Bestimmungen an. Justizministerin Karin Keller-Sutter sagte, das neue Gesetz werde voraussichtlich zum 1. Juli 2022 in Kraft treten. “Ab diesem Zeitpunkt sollen gleichgeschlechtliche Paare zivil heiraten dürfen”, sagte Keller-Sutter. Eingetragene Partnerschaften könnten ab diesem Zeitpunkt in Ehen umgewandelt werden.
Das Ja zur Ehe für alle sei “eine “Form der Anerkennung durch die Gesellschaft”, so die Ministerin. Der Staat solle Menschen nicht vorschreiben, wie sie ihr Privatleben zu gestalten haben. “Wer sich liebt und heiraten will, soll dies künftig tun dürfen – egal in welcher Konstellation.”
“Historisches Ergebnis”
Von den Verfechtern der gleichgeschlechtlichen Ehe wurde das Ergebnis vielerorts als “historisch” gefeiert. “Das ist ein Tag des Feierns, des Sieges nach achtjähriger Kampagne”, sagte Deborah Haenni von der Vereinigung Libero, die das “Ja” propagiert hatte. Indem die Schweiz nun gleichgeschlechtliche Ehen erlaube, gleiche sie sich anderen Ländern hinsichtlich Offenheit und Fortschritt an, sagte Haenni.
Die Neue Zürcher Zeitung schrieb: “An diesem Sonntag gibt es nicht zweierlei Schweiz, sondern eine. Das ist ein historischer Entscheid, der schön und klar ist. Unsere Ehe für alle kommt so zustande, wie jede Ehe im Privaten. Zwei Buchstaben, ein Ausrufezeichen. Ja!”
“Diskriminierungsschutz in Österreich von ÖVP blockiert”
Gleichberechtigungssprecherin der Grünen, Ewa Ernst-Dziedzic, bezeichnet gegenüber ZackZack den Schritt der Schweiz zur Ehe für alle als “längst notwendig”. Die LGBTIQ-Community müsse immer wieder ihre Rechte aufs Neue verteidigen: “Erst diese Tage wurde Polen durch ein EU-Vertragsverletzungsverfahren ‘gezwungen’ die ‘LGBTIQ-freien-Zonen’ aufzulassen. Europaweit gibt es wieder mehr Hassverbrechen und in Österreich haben wir weiterhin keinen umfassenden Diskriminierungsschutz, weil die ÖVP hier blockiert”, drängt Ernst-Dziedzic weiter. Die Öffnung der Ehe in der Schweiz sei deshalb ein positives Zeichen im Ringen um gleiches Recht für alle, “auch wenn ich mir eine breitere Zustimmung erwartet hätte”, sagt die Grüne gegenüber ZackZack.
NEOS LGBTQ-Sprecher Yannick Shetty sieht das ähnlich und verweist auf das diskriminierende Blutspendeverbot Homosexueller hierzulande: “Auch in Österreich ist die Regierung abseits des Eherechts säumig. Es wäre höchste Zeit, das unsachliche und diskriminierende Blutspendeverbot endlich aufzuheben”, drängt Shetty gegenüber ZackZack.
SPÖ-Gleichbehandlungssprecher Mario Lindner beschreibt die Durchsetzung der Homo-Ehe im Nachbarland als “massiven Erfolg – nicht nur für die Schweizer LGBTIQ-Community, sondern für alle Menschen, die sich in Europa für Menschenrechte und Respekt einsetzen”. Lindner verwies zugleich auf den im Jänner 2020 mit der Initiative “Ja zum Schutz” in der Schweiz eingeführten umfassenden Diskriminierungsschutz für LGBTIQ-Personen: “Ein Schritt, der in Österreich bis heute blockiert wird”, bemängelte Lindner.
(jz/apa)
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