Anzeige gegen Fleischmann:
Die WKStA ermittelt, weil das Finanzministerium für frisierte Umfragen Scheinrechnungen ausgestellt haben soll. Medienzampano Fleischmann soll dasselbe für geheime Infos zur Causa Silberstein geboten haben.
21. Oktober 2021 | Juli 2017. Es ist das Wochenende, bevor der Nationalrat sich auflöst, um Neuwahlen zu ermöglichen. Doch hinter den Kulissen ist der Wahlkampf schon heiß. Das Handy von Peter Puller läutet. Der Anrufer ist Gerald Fleischmann, damals Pressesprecher von Sebastian Kurz im Außenministerium. Fleischmann und Puller kennen sich aus ihrer gemeinsamen Zeit im Kommunikationsteam der ÖVP-Bundespartei. Puller wechselte später als Sprecher und dann als Kabinettschef in unterschiedliche ÖVP-Ministerien. Zusammen mit dem Berater Tal Silberstein arbeitete er 2015 für die NEOS. Als die SPÖ Silberstein für den Nationalratswahlkampf engagierte, ging Puller mit. Doch der Kontakt zu Fleischmann riss in all den Jahren nie ab.
„Die Handys weglegen“
Der Kurz-Sprecher will einen dringenden Termin mit Puller. Der sagt zu: „Am Morgen des 17. Juli erschien ich pünktlich um 08:30 im BMEIA und wurde von einer Mitarbeiterin des Kabinetts beim Empfang abgeholt und in das Büro von Gerald Fleischmann gebracht.“
So beschreibt Puller den Beginn seines erneuten Kontakts mit Fleischmann in einem Gedächtnisprotokoll, das ZackZack und dem Podcast „Hintergrund“ vorliegt. Im Gespräch mit ZackZack bestätigt Puller, was er vor vier Jahren für seinen Anwalt notiert hatte.
Das erste Treffen zwischen Fleischmann und Puller 2017 war von Misstrauen geprägt: „Nach kurzem belanglosen Smalltalk meinte Fleischmann, wir sollen ‚die Handys weglegen‘. Fleischmann nahm noch einen Block und einen Stift mit von seinem Schreibtisch. Auf diesen schrieb er wörtlich:
Wir wissen, dass Du für die Sozis arbeitest.“ Und: „Wir bieten dir bis zu 100k, wenn du wechselst.“
So weit ist die Geschichte in ihren Grundzügen durch Recherchen des „Profil“ bekannt. Fleischmann bestätigte später, dass ein Treffen stattgefunden hatte. Doch einen Monat später, am 17. August 2017, gab es ein weiteres Treffen zwischen Fleischmann und Puller. Es ist Gegenstand einer Anzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft WKStA, die ZackZack vorliegt.
Das Angebot
Puller schreibt: „Am 17.8. trafen wir uns wie vereinbart im Cafe Central, wir saßen dort am letzten Tisch hinten links, gleich neben dem Eingang zur Küche. Vorbereitet vom letzten Mal hatte ich dieses Mal ein zweites Telefon dabei, bei dem ich eine Aufnahme mitlaufen ließ.“
Fleischmann will von Puller Informationen über den Wahlkampf der SPÖ, insbesondere über die Rolle von Tal Silberstein. Sein vages Angebot vom ersten Treffen konkretisiert Fleischmann nun. Er bietet Puller an, für die Informationen im Rahmen eines Beratervertrags zu bezahlen:
„Fleischmann fragte mich, was eine Beratung im Ausmaß von ein bis zwei Telefonaten wöchentlich bei mir kosten würde.“ Puller solle sich dafür „umhören, was die SPÖ plant.“
Und wie bei den frisierten Umfragen Sabine Beinschabs (die WKStA ermittelt wegen Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit) sollte über mutmaßliche Scheinaufträge bei Ministerien bezahlt werden. Pullers Spionagedienste will Fleischmann also mit Steuergeld belohnen: Er „stellte mir Aufträge aus ÖVP-Ministerien in Aussicht: ‚Und du weißt eh, nach der Wahl haben wir dann wieder einige Ministerien.‘“
Wo ist Gerald Fleischmann?
Was sagt Gerald Fleischmann zu den Vorwürfen? Der ehemalige Medienbeauftragte des Kanzlers ist seit dem Rücktritt von Sebastian Kurz abgetaucht und war auch unter Mühen nicht zu erreichen. Fleischmanns eigenes Handy ist ausgeschaltet, ein Band verweist auf Ex-Kanzlersprecher Johannes Frischmann. Doch auch der hat sein Handy seit geraumer Zeit nicht eingeschaltet. Im Kanzleramt weiß man nicht, wie Fleischmann, der dort nach wie vor als Mitarbeiter geführt wird, erreicht werden kann. Er habe auch keine funktionierende Mailadresse mehr. Wir sollten unser Glück doch bei der ÖVP-Bundespartei versuchen. Auch dort herrscht Ratlosigkeit. Man wisse nicht, wie man Fleischmann erreichen könne, wolle sich aber umhören. Der versprochene Rückruf in dieser Sache kam nie.
(tw)
Titelbild: APA Picturedesk