Schweiz macht es vor:
Mehr als die Hälfte der Schweizer stimmten in einer Volksabstimmung für die Pflegeinitiative. Damit ist die Regierung dazu verpflichtet, die Arbeitsbedingungen, Löhne und Ausbildung in der Pflege zu verbessern.
Bern, 30. November 2021 | Geht doch: Bei einem Volksentscheid in der Schweiz sprachen sich am Sonntag 61 Prozent für eine Initiative zur Attraktivierung des Pflegesektors aus. Das bedeutet unter anderem, Pflegekräfte höhere Gehälter zu zaheln und ihre Arbeitsbedinungen zu verbessern. Darüber hinaus soll mehr Geld in die Aus- und Weiterbildung fließen. Damit soll der Pflegeberuf als ein wichtiger Bestandteil der Gesundheitsversorgung in der Verfassung verankert werden. Der Bundesrat hat nun 18 Monate Zeit, dieses Votum auch wirklich umzusetzen.
Die Mehrheit dürfte vor allem deshalb zu Stande gekommen sein, weil viele Bürger den Einsatz der Pflege während der Corona-Krise honorieren wollten – und zwar mit höheren Löhnen, statt nur mit Applaus.
Liberale und Volkspartei wollten Pflegeinitiative verhindern
Die Deutlichkeit des Ergebnisses ist überraschend, denn eine breite Unterstützung aus den politischen Parteien gab es nicht – im Gegenteil: Bereits 2017 legte der Fachverband der Pflegebeschäftigten mehr als die 100.000 nötigen Unterschriften für ihre Pflegeinitiative vor. Doch sie wurde im Nationalrat abgewiesen.
Am vergangenen Sonntag durfte die Bevölkerung dann zwischen einem Gegenvorschlag und der Ursprungsinitiative entscheiden. Von den großen vier im Bundesrat vertretenen Parteien sprachen sich nur die Sozialdemokraten für den Vorschlag der Pflegebediensteten aus. Die rechtskonservative Schweizer Volkspartei (SVP) und die liberale FDP empfahlen mit Nein zu stimmen. Die Partei „die Mitte“ enthielt sich. Die kleineren Parteien – die Grünen und die grünliberale Partei – sprachen sich für die Initiative aus.
„20 Monate an der Front gegen das Virus gekämpft“
Trotzdem erreichten die Beschäftigten in der Pflege eines der besten Ergebnisse einer Volksinitiative aller Zeiten. Das könnte auch mit Pandemie und der starken Belastung für diese Berufsgruppe zu tun haben.
„Sie haben 20 Monate für uns an der Front gegen das Virus gekämpft. Jetzt ist es an uns, ihnen zu helfen. Für anständige Arbeitsbedingungen, für Löhne, um die es sich zu arbeiten lohnt und für eine Ausbildung, die Lust macht auf diesen Beruf“,
erklärt Cédric Wermuth, Co-Vorsitzender der Schweizer Sozialisten, die Unterstützung seiner Partei für die Initiative in einem Facebook-Video. Die Pflege auf Intensiv- und Covid-Stationen gehöre nach Wermuth ohne Frage zu jenen Berufsgruppen, die am schwersten an der Corona-Krise zu tragen haben.
Auch in Österreich sind die Arbeitsverhältnisse in den Pflegeberufen prikär – das war jedoch auch schon vor der Coronakrise so. Personalmangel, fehlende Anerkennung, erschwerte Arbeitsverhältnisse, niedrige Löhne. Immer mehr Pflegepersonal, denkt darüber nach, zu kündigen. ZackZack berichtete ausführlich. Eine Verbesserung besonders vonseiten der Politik ist hierzulande dringend nötig.
(jz)
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