2017 verließ der Innenminister Wolfgang Sobotka das Mauthausengedenken vorzeitig. Er hatte einen Termin: Ein Bikertreffen.
Wien, 27. Dezember 2021 | 7. Mai 2017. Die rot-schwarze Regierung Kern-Mitterlehner nimmt an der 72. Mauthausengedenk- und Befreiungsfeier teil. Beim traditionellen Gedenken der Regierung mit Holocaustüberlebenden und deren Nachkommen ist das Programm durchgetaktet. Von 8:30 Uhr bis 16:30 Uhr sind Kundgebungen, Kranzniederlegung und ökumenischer Wortgottesdienst Teil der Zeremonie.
Einen wichtigen Part übernimmt beim Gedenken traditionell der Innenminister – schließlich gehört die KZ-Gedenkstätte zum Innenministerium.
Sobotka muss los
2017 hielt der zuständige Innenminister, Wolfgang Sobotka, es nicht lange bei der Veranstaltung aus. Denn nach dem gemeinsamen Auszug aller Teilnehmerinnen aus dem ehemaligen Konzentrationslager verabschiedete sich der jetzige Nationalratspräsident. Teilnehmer berichten gegenüber ZackZack, dass Sobotka die Veranstaltung gegen 13:00 Uhr überraschend verließ. Zwar war zu diesem Zeitpunkt die “offizielle” Befreiungsfeier beendet, Vorort-Termine standen allerdings noch reihenweise auf dem Programm. Beim Empfang für Überlebende ließ sich der ressortverantwortlichen Innenminister vertreten.
Welchen Termin befand Sobotka, ein eigentlich großer Bekämpfer des Antisemitismus, wichtiger als das Gedenken in Mauthausen? Die Antwort liegt 50 Fahrminuten entfernt: Der Nationalratspräsident fuhr nämlich, nachdem er die Veranstaltung in Mauthausen verlassen hatte, 50 Kilometer Richtung Südosten. Dort befindet sich die kleine Mostviertler Gemeinde Sonntagberg mit ihrer barocken Basilika. Hier fand jene Veranstaltung statt, für die Sobotka den Empfang in Mauthausen sausen ließ: Ein Biker-Treffen.
Motorradsegnung mit dem “Harley-Papst” und Hanger
„Die größte Biker-Sternfahrt des Jahrzehnts!“ sollte es sein. Trotz schlechter Wettervorhersage nahmen an der Veranstaltung, die vom Sprecher des 2-Radhandels in der Wirtschaftskammer, Ferdinand O. Fischer – auch genannt „der Harley-Papst“ – in Zusammenarbeit mit dem Innenministerium organisiert wurde, 600 Teilnehmer teil.
https://www.youtube.com/watch?v=_h-lN4fonPw
Neben dem Innenminister ist auch ein damals noch recht unbekannter ÖVP-Abgeordneter auf den Fotos der Veranstaltung zu sehen: Andreas Hanger – politischer Ziehsohn Sobotkas. Auf dem Programm der großen Sternfahrt standen Grußworte des Innenministers Sobotka (14:30 Uhr), der die eintreffenden Biker in Empfang nahm. Der Abt des Stifts Seitenstetten Petrus Pilsinger hieß die Biker ebenfalls willkommen und segnete im Anschluss Fahrer und auch deren Motorräder. Auch kulinarische Schmankerln vom Grilltruck gab es für die Benzinbrüder- und Schwestern.
Biker-Dank für die Polizeibegleitung
Ziel der Veranstaltung: Spendensammeln für die Basilika Sonntagberg. Und mit dem Spenden-Zugpferd Wolfgang Sobotka gelang dies auch. 15.000 Euro kamen für die Basilika zusammen. Sobotka, auch Obmann des Vereins zur Revitalisierung der Basilika am Sonntagberg, befand, dass bei dem Bikertreffen „ein deutliches Zeichen für Verkehrssicherheit gesetzt wurde“. Dafür gab es von den Veranstaltern großen Dank, schließlich hatte der Innenminister auch für eine Polizeieskorte gesorgt: “Großer Dank gebührt dem Innenministerium für die Polizeibegleitung und insbesondere Innenminister Wolfgang Sobotka, mit dem wir einen wichtigen Unterstützer unserer Anliegen gewinnen konnten.”
Das Programm für die Sternfahrt am 07. Mai 2017/ screenshot Sternfahrt
Feierlich übergab Sobotka den Scheck über 15.000 Euro zwei Monate später an die Vize-Bürgermeisterin der Gemeinde. Auch im darauffolgenden Jahr nahm Wolfgang Sobotka an der “Sternfahrt” teil. 2018 konnte Sobotka Termin-Kollisionen vermeiden. Die Biker-Veranstaltung fand in diesem Jahr einen Tag vor dem Mauthausengedenken statt.
Auf eine Anfrage von ZackZack nahm Sobotka nicht Stellung.
(bf)
Titelbild: APA