Rabensteiner
Ich habe hochrangigen Persönlichkeiten Neujahrsgrüße übermittelt, ein paar Fragen gestellt und sie gebeten, mir kurz und prägnant ihre Ziele für 2022 mitzuteilen. Mittlerweile sind die letzten Antworten bei mir eingelangt.
Fritz Rabensteiner
Wien, 22. Jänner 2022 | Ich habe hochrangigen Persönlichkeiten Neujahrsgrüße übermittelt, ein paar Fragen gestellt und sie gebeten, mir kurz und prägnant ihre Ziele für 2022 mitzuteilen. Mittlerweile sind die letzten Antworten bei mir eingelangt. Damit ist der Reigen beendet.
Leonore Gewessler: „Ich freue mich, dass auch Sie sich mit dem Gedanken tragen, früher oder später auf ein E-Auto umzusteigen. Sie stehen für eine Generation von jungen Autoren, denen der Klimaschutz ein wichtiges Anliegen ist. Dafür danke ich Ihnen herzlich. Jeder und jede von uns kann dazu beitragen, die Natur zu schützen. Ich bin früher jedes Wochenende in den Wald gefahren. Heute kommt die Müllabfuhr. Mein Motto für 2022 lautet: Denken ist Arbeit, Arbeit ist Energie und Energie sollte man sparen.“
Michael Jeannée: „Werter Kollege! Jedes Mal, wenn ich von Ihnen lese, rumort es unter meinem Nabel. Wie seinerzeit bei Sebastian Kurz und Karoline Edtstadler. Ich schreibe jetzt auch Texte für die Doku-Soap Richterin Salesch. Was halten Sie von diesem Plot: Auf der Geburtstagsfeier ihres Ehemannes bricht Sabine plötzlich zusammen, als der handygesteuerte Vibrator, den sie an diesem Abend benutzt, durch einen Anruf aktiviert wird. Das Heimtückische: Der Vibrator ist zuvor mit Gift manipuliert worden. Allerdings ist es nicht Sabines eigener Vibrator, sondern der ihrer besten Freundin Anna. Hat Anna ihre Freundin umgebracht oder handelt es sich um eine tragische Verwechslung?“
Andreas Khol: „Ich trete 2022, 2028, 2034 und 2040 zur Bundespräsidentschaftswahl an. In Addition mit meinem Ergebnis von 2016 werde ich insgesamt über 50 % erreichen und die Wahl gerne annehmen.“
Papst Franziskus: „Gott zum Gruße, mein Sohn. Kardinal Schönborn hat sich in Deiner Angelegenheit an mich gewandt. Es stimmt, dass die Seligsprechung von Kaiser Karl darauf zurückzuführen ist, dass er durch ein Wunder die Krampfadern von Schwester Maria Zita Gradowska geheilt hat. Es freut mich sehr, dass es Dir durch Gebete gelungen ist, die Blasensenkung Deiner Nachbarin zu beheben. Falls dies durch eine vatikanische Kommission bestätig werden kann, steht auch Deiner Seligsprechung nichts im Wege.“
Alexander van der Bellen: „Wie bereits mitgeteilt, darf ich Ihnen aufgrund Ihrer Verdienste um die österreichische Literatur den Berufstitel Professor verleihen. Ich fände es allerdings sehr schade, wenn Sie bei der Verleihung nicht anwesend wären, wenngleich ich zugeben muss, dass auch mir das Rauchverbot in der Hofburg ziemlich auf die Nerven geht. Leider sind auch E-Zigaretten nicht zulässig. Ihren Vorschlag, den Festakt ins Schweizerhaus zu verlegen, werden wir wohlwollend prüfen.“
Gerda Rogers: „Aus Funk und Fernsehen wissen Sie bestimmt, dass der Neptun nach wie vor in den Fischen ist. Also in Ihrem Sternzeichen. Das ist nicht gut. Bei einer herausfordernden Neptunstellung neigen Sie möglicherweise zu Abhängigkeiten. So kommt bei Ihnen mehr die beeinflussbare Seite zum Vorschein. Deshalb erscheinen sie oft verwirrt und gewissermaßen neben der Spur. Aus langjähriger Praxis weiß ich allerdings, dass sich negative Konstellationen durch freiwillige Spenden abfedern lassen. Zahlschein beiliegend.“
Roland Weißmann: „Ihr Vorschlag, in Zukunft mehr niveauvolle Unterhaltung zu senden klingt sehr interessant, ist aber leider nicht umsetzbar. Das von Ihnen eingereichte Exposé retournieren wir mit separater Post. Durch Erfolgsproduktionen wie etwa ‚Weihnachten auf Gut Aiderbichl‘ oder ‚Harry Prünster in Dorfgastein‘ ist unser Budget dermaßen ausgereizt, dass wir bereits auf Reserven zurückgreifen müssen. Selbst die Produktion ‚Die Axt im Jungwald‘, das Regiedebüt des jungen Tiroler Forstarbeiters Anton Tschurtschenthaler, mussten wir deshalb auf 2023 verschieben. Dennoch sind Kunst und Kultur zentrale Werte für den ORF. Im kommenden Juni haben wir für eine Woche die Wiener Stadthalle gemietet, aus der wir im Rahmen einer Eurovisionssendung einen Galaabend zum 80. Geburtstag von Birgit Sarata übertragen werden. Jeannine Schiller und Christina Lugner haben als Stargäste bereits zugesagt. Mit Marika Lichter und Toni Polster stehen wir noch in Verhandlungen. VIP-Karten für dieses Megaevent sind nur mehr für Devisenausländer erhältlich oder eventuell beim Türsteher der Orient Bar am Hernalser Gürtel.“
Claudia Plakolm: „Ich verbitte mir Ihren sexistischen Unterton. Erstens bin ich nicht zu jung für eine Staatssekretärin und zweitens bin ich auch nicht lesbisch. Sie haben das zwar nicht so formuliert und auch nicht konkret danach gefragt, aber anders kann ich Ihre Frage nicht deuten, warum in meinem Büro mehrere Poster von jungen Mädchen hängen. Das sind keine Mädchen. Das ist Justin Bieber.“
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Titelbild: APA Picturedesk