Am 4. Dezember 2020 wurden Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und weitere Angeklagte von Richterin Marion Hohenecker in erster Instanz nicht rechtskräftig zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Nun liegt das schriftliche Urteil vor, es wurde Freitagfrüh zugestellt.
Wien, 28. Jänner 2022 | Auf knapp 1.300 Seiten begründet Hohenecker ihr Urteil, nun ist die Verteidigung mit allfälligen Einsprüchen am Zug. Grasser hatte bereits nach der Urteilsverkündung den Gang in die Berufung angekündigt.
Aufgrund der angemeldeten Rechtsmittel von acht Angeklagten ist das Urteil nicht rechtskräftig, hieß es am Freitag seitens des Landesgerichts für Strafsachen Wien in einer Aussendung. Zur Entscheidung darüber sei nun der Oberste Gerichtshof (OGH) in Wien zuständig. Die zu sechs Angeklagten ergangenen Freisprüche seien in Rechtskraft erwachsen, die Anklagebehörde habe die Senatsentscheidung akzeptiert, wurde erinnert.
Nicht rechtskräftig – Acht Jahre für Grasser
Eine Nichtigkeitsbeschwerde ist binnen vier Wochen ab Zustellung des schriftlichen Urteils einzubringen. Im Falle extremen Umfangs des Verfahrens habe das Landesgericht diese Frist über Antrag zu verlängern, heißt es.
“Ich weiß, dass ich unschuldig bin”, hatte Grasser seinerzeit erklärt, der sich nach dem Urteil “traurig, schockiert und erschrocken” zeigte. Sein Anwalt Manfred Ainedter sprach von einem “glatten Fehlurteil”.
Der Hauptangeklagte Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser wurde vor über einem Jahr Grasser wegen der Verbrechen der Untreue und der Geschenkannahme durch Beamte sowie der Vergehen der Beweismittelfälschung zu acht Jahren Haft verurteilt, der Ex-FPÖ-Spitzenpolitiker Walter Meischberger erhielt sieben und der teilgeständige Peter Hochegger sechs Jahre Gefängnis, nicht rechtskräftig. Rechtskräftig wurden nur die sechs Freisprüche.
Grasser bald wieder auf Anklagebank
Der Prozess begann am 12. Dezember 2017 im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts. Angeklagt war Korruption in der Causa Bundeswohnungs-Privatisierung und in der Causa Linzer Terminal Tower. Dazu kamen im Laufe des Verfahrens weitere kleinere Anklagen.
Unabhängig von diesem Verfahren wird Grasser schon bald wieder im Wiener Straflandesgericht auf der Anklagebank sitzen. Dabei geht es um den Vorwurf der Steuerhinterziehung. Auch hier bestreitet der ehemalige Minister der ÖVP-FPÖ-Regierung unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) sämtliche Vorwürfe. Dieses Steuerverfahren führt allerdings nicht Hohenecker, sie ist von der Abteilung für Wirtschaftsstrafsachen in eine allgemeine Abteilung gewechselt.
(apa/bf)
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