Russische Invasion
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Zelenskyi und Außenminister Dmytro Kuleba haben Ausländer dazu aufgerufen, in der Ukraine gegen die russischen Invasoren zu kämpfen. Was passiert, wenn man sich als Österreicher an den Kämpfen vor Ort beteiligt? ZackZack hat nachgeforscht.
Wien, 07. März 2022 | Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba und Präsident Wolodymyr Zelenskyi haben nach der russischen Invasion Ausländer dazu aufgefordert, sich dem bewaffneten Widerstand in der Ukraine anzuschließen. Kuleba twitterte: „Zusammen haben wir Hitler besiegt und wir werden auch Putin besiegen.“ Zelenskyi appellierte in einer seiner zahlreichen Videobotschaften an ausländische „Freunde von Frieden und Demokratie“, in die Ukraine zu kommen, um das Land zu verteidigen.
Foreigners willing to defend Ukraine and world order as part of the International Legion of Territorial Defense of Ukraine, I invite you to contact foreign diplomatic missions of Ukraine in your respective countries. Together we defeated Hitler, and we will defeat Putin, too.
— Dmytro Kuleba (@DmytroKuleba) February 27, 2022
Die Unterstützung für die Ukraine war international zu hören, zu sehen und zu spüren. Auch in Österreich war die Solidarität groß. Aber wie sieht es mit kampfwilligen Österreichern aus?
Ob und wie viele sich bei der ukrainischen Botschaft gemeldet hatten, konnte ZackZack bei der Botschaft nicht in Erfahrung bringen. Das Außenministerium informierte ZackZack, dass sich vereinzelt österreichische Staatsbürger gemeldet hätten, um sich nach einer möglichen Beteiligung an den Kämpfen in der Ukraine zu erkundigen. Sie wurden darüber informiert, dass sie damit unter Umständen ihre österreichische Staatsbürgerschaft aufs Spiel setzen, so das Außenministerium.
Staatenlosigkeit bei Eintritt in ausländisches Militär
Wer in den Militärdienst eines anderen Landes eintritt, verliert damit automatisch die österreichische Staatsbürgerschaft. „Da braucht es kein Verfahren, das passiert ex lege“, sagte Verfassungsexperte Heinz Mayer im Gespräch mit ZackZack. Damit ist man dann staatenlos. Pass und Personalausweis verlieren ihre Gültigkeit, eine Rückkehr nach Österreich wird damit schwierig. „Da muss man dann schauen, wo man bleibt“, so Mayer.
Nachdem die Ukraine außerhalb des Schengenraums liegt, ist also beim Versuch, zurück in die EU zu gelangen, mit Grenzkontrollen zu rechnen.
Wer im Falle des Falles nach Verlust der Staatsbürgerschaft um Hilfe oder Schutz bei österreichischen Botschaft oder anderen diplomatischen Vertretungen Österreichs im Ausland ansuchen möchte, muss damit rechnen, abgewiesen zu werden. Die österreichische Botschaft sei nicht verpflichtet, Staatenlosen zu helfen, so Mayer.
Völkerrechtsverstöße jedenfalls strafbar
Wer sich vom Militär unabhängigen bewaffneten Gruppen anschließt, verliert die Staatsbürgerschaft aber nicht. Was also, wenn man sich einer Bürgerwehr anschließt und im Zuge der Kämpfe Menschen tötet oder verletzt? Was unter normalen Umständen strafbar wäre, ist unter Kriegsrecht möglicherweise anders zu bewerten. Eine Tötung im Krieg ist rein rechtlich gesehen nicht unbedingt als ungerechtfertigt zu beurteilen. Ob sich österreichische Staatsbürger strafbar gemacht haben und ob Österreich für die Verfolgung der Handlung zuständig ist, muss man sich in vielen Fällen einzeln anschauen.
Allerdings gibt es Straftaten, die nach dem Weltstrafrechtsprinzip zu verfolgen sind, unabhängig von den Gesetzen des Tatorts. Das sind Verbrechen, die unter die vier Deliktskreise Völkermord, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Verbrechen der Aggression fallen.
Straffreiheit für Letten und Tschechen bei Kampfbeteiligung
Lettische Staatsbürger können sich als Reservisten in der lettischen Armee registrieren, dann freiwillig in der Ukraine kämpfen und werden bei ihrer Rückkehr nach Lettland grundsätzlich nicht strafrechtlich dafür verfolgt. Lettland hat dafür eigens sein nationales Sicherheitsgesetz geändert – das Parlament stimmte geschlossen dafür. Tschechische Staatsbürger, die auf ukrainischer Seite in den Kampf ziehen, fallen unter eine Präsidenten-Amnestie. Aber auch hier gilt: Völkerrechtsverstöße werden verfolgt, wenn nicht vom Nationalstaat, dann vom Internationalen Strafgerichtshof.
(pma)
Titelbild: APA Picturedesk