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NÖ-Landesrat Waldhäusl betreibt »Triage im Asylbereich«

NÖ-Landesrat Waldhäusl betreibt »Triage im Asylbereich«

Ukraine

Waldhäusl gibt in Niederösterreich ukrainischen Geflüchteten den Vorzug vor Schutzsuchenden aus Syrien oder Afghanistan. Asylrechtsexperte Gahleitner-Gertz sieht darin einen Rechtsbruch.

Zeillern, 18. März 2022 | In Anlehnung an die Corona-Berichterstattung hat Niederösterreichs Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) am Freitag von einer “Triage im Asylbereich” gesprochen. Diese werde im Bundesland seit zehn Tagen angewandt. Quartiere seien nur noch für “Frauen und Kinder aus der Ukraine” und nicht für Ankömmlinge aus Syrien und Afghanistan vorgesehen. Rund 2.000 Kriegsgeflüchtete aus der Ukraine befinden sich nach einer Schätzung des Landespolitikers bereits in Niederösterreich.

Vorrang für ukrainische Geflüchtete

Wöchentlich werden laut Waldhäusl mehr als 1.000 Asylanträge gestellt, ein Großteil von afghanischen und syrischen Staatsbürgern. Der FPÖ-Politiker ortete in dem Zusammenhang “eine Situation, wie sie nun neben der Ukrainekrise und den tatsächlich Hilfsbedürftigen von unserem Land schlichtweg nicht mehr bewältigt werden kann”. Die “Asyl-Triage” sei daher “dringend notwendig”.

Vorrang genießen sollen ukrainische Geflüchtete. “Die Frauen und ihre Kinder haben ihre Männer und Väter im Kriegsgebiet zurücklassen müssen, die dort ihre Heimat verteidigen. Diese Menschen haben daher unsere volle Unterstützung verdient. Da gibt es für mich keine Diskussion.” Mit einem temporären Übernahmestopp sei dieses Vorgehen jedoch nicht zu vergleichen, sagte Waldhäusl zur APA. Niederösterreich sei zwar das einzige Bundesland, das so vorgehe, dennoch sei alles im Einklang mit der Grundversorgungsvereinbarung.

Asylwerber versus Hilfsbedürftige

Es sei “undenkbar”, sowohl den “ausschließlich männlichen Asylwerbern aus Afghanistan und Syrien als auch den Hilfsbedürftigen aus der Ukraine” Unterstützung bieten zu wollen. Diesen von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) eingeschlagenen Weg gehe Niederösterreich nicht mit. Vielmehr sei eine Fokussierung auf Ankömmlinge aus der Ukraine “letztlich auch auf Bundesebene eine Notwendigkeit”, ortete Waldhäusl weiteren Handlungsbedarf.

Asylrechtsexperte Lukas Gahleitner-Gertz von der Asylkoordination Österreich sagt zu Waldhäusls „Triage“: „Das ist ein gewohntes Bild von Waldhäusl, sich aus der Verantwortung zu stehlen.“ Die Unterscheidung von Geflüchteten, wie Waldhäusl sie mache, sei nicht zulässig und rechtswidrig.

Niederösterreich Schlusslicht bei Geflüchteten-Versorgung

Alle Bundesländer müssen eine gewisse Anzahl an Geflüchteten versorgen, je nach Bevölkerungsgröße. ZackZack liegt eine nicht-öffentliche Grundversorgungsstatistik aus dem Innenministerium von Anfang März vor, die zeigt, inwieweit die Bundesländer ihre Quoten erfüllen. Während Wien laut Statistik mit über 170 Prozent seine Quote übererfüllt, ist Niederösterreich mit rund 65 Prozent das Schlusslicht. Rechnet dem Bund unterstellten Erstaufnahmestellen weg, erfüllt das Land Niederösterreich seine Quote nur mehr zu rund 49 Prozent.

Von ZackZack angesprochen auf diese Versorgungsschere zwischen den Bundesländern sagt Gahleitner-Gertz, dass “Niederösterreich seit jeher negativ aufgefallen” sei. Er fordert, dass Sanktionen eingeführt werden für ebensolche Fälle, in denen Bundesländer ihre Quoten nicht erfüllen.

Waldhäusl: Anklage wegen Amtsmissbrauch

Gottfried Waldhäusl hat schon in der Vergangenheit Negativschlagzeilen gemacht, wenn es um die Behandlung von Geflüchteten geht. Er soll 2018 angeordnet haben, minderjährige Geflüchtete in einem mit Stacheldrahtzaun, Überwachungskameras, Sicherheitsmitarbeiter und Wachhund gesicherten Gebäude in Drasenhofen, nahe der tschechischen Grenze, unterzubringen. Wenige Tage nach Eröffnung wurde das Quartier wieder geschlossen – zu groß war die öffentliche Empörung. Waldhäusl und eine weitere Beamtin wurden daraufhin von der WKStA unter anderem wegen Amtsmissbrauch angeklagt. Der Prozess startete am 2. Februar vor dem Landesgericht St. Pölten.

(pma/apa)

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Pia Miller-Aichholz

    Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich

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