Quarantäne-Erleichterungen
Minister Rauch hatte gesagt, aus Gesundheitseinrichtungen sei die “explizite Bitte” nach Quarantäne-Erleichterungen für das Personal gekommen. Etliche Länder und Ärztekammern widersprechen auf ZackZack-Nachfrage.
Wien, 26. März 2022 | Am Donnerstag war Gesundheitsminister Johannes Rauch im Ö1-Morgenjournal zu Gast, um über die neuesten Corona-Maßnahmen zu sprechen. Angesprochen auf die Quarantäne-Erleichterungen für infiziertes Gesundheitspersonal, wonach dieses fünf Tage nach einem positiven Test wieder arbeiten gehen können sollte, wenn es asymptomatisch sei oder sich nicht krank fühle, sagte Rauch: „Das war die explizite Bitte aus den Einrichtungen, aus den Spitälern, aus den Pflegeheimen.“ Angesprochen darauf, dass Personalvertreter etwas anderes sagten, sagte Rauch, dass er das wisse, dass aber viele Leute zu Hause säßen, die sich gesund fühlten, aufgrund ihres CT-Werts aber nicht arbeiten gehen könnten. „Niemand muss arbeiten gehen, wenn er krank ist, aber es gibt die Möglichkeit es zu tun, das entlastet massiv“, sagte Rauch dann noch.
Auf Nachfrage hat ZackZack erfahren: Von der von Rauch genannten “expliziten Bitte” weiß bei etlichen Ärztekammern und Gesundheitslandesräten in den Bundesländern niemand. Krankes, infektiöses Personal in den Gesundheitseinrichtungen zu haben, sei keine gute Idee, sagen Ärztevertreter gegenüber ZackZack.
Wien bleibt bei alter Quarantäne-Regelung
Aus dem Büro von Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker heißt es gegenüber ZackZack: „Wiener Spitalsbetreiber kann nicht gemeint haben.“ Die Spitalsbetreiber seien „mehr oder minder schockiert“ über diese Regelung. Die Daten ergäben, dass sich in der aktuellen BA.2-Welle nur zehn Prozent der Infizierten nach fünf Tagen bereits wieder freitesten können. Weitere 30 Prozent seien bis zu Tag 9 nach dem ersten positiven Ergebnis wieder negativ, der Rest erst später. 90 Prozent der Infizierten sind demnach nach Tag fünf immer noch ansteckend. Schließlich sei die Gefährdung von Patienten auch eine strafrechtliche Frage. Und, mit der Diskussion um Krankenstände würde eine Büchse der Pandora geöffnet. Am Freitag verkündete die Stadt Wien dann, bei den bisherigen Quarantäne-Regelungen zu bleiben. Vom Wiener Gesundheitsverbund hörte ZackZack schon am Donnerstag, es würde keine Änderungen geben.
Ärztekammern betonen Personal- und Patientenschutz
Von der Wiener Ärztekammer heißt es gegenüber ZackZack, ohne negativen Test arbeiten zu gehen, sei ein No-go, das gefährde weiteres Personal und Patienten. Jörg Hutter, Vizepräsident der Ärztekammer Salzburg, sagt ZackZack, der Schutz von Patienten sei oberste Prämisse. Infektiöses Gesundheitspersonal arbeiten gehen zu lassen bringe ein nicht einschätzbares Risiko mit sich, sei daher eine absolute Notmaßnahme, welche die aktuelle Situation unter dem ärztlichen Personal nicht rechtfertige.
Daniel von Langen, stellvertretender Obmann der Bundeskurie angestellter Ärzte in der Österreichischen Ärztekammer (ÖAK) und Ärztekammer-Tirol-Vorstandsmitglied, weißt darauf hin, dass körperliche Belastung während oder unmittelbar nach einer Corona-Erkrankung das Risiko auf Langzeitfolgen erhöhe. Er spricht sich dagegen aus, jene, die bereits seit zwei Jahren am Limit sind, auch noch diesem Risiko auszusetzen. Die Ärztekammer Oberösterreich sagt, sie schließe sich dem Statement der ÖAK an.
Die Ärztekammer Niederösterreich verweist auf eine Äußerung ihres Präsidenten im Niederösterreich-Heute-Beitrag von Mittwoch. Darin sagte Präsident Christoph Steiner, er sei sprachlos hinsichtlich des Maßnahmen-Wirrwarrs. Er sei nicht dafür gewesen, die Maßnahmen Anfang März zu lockern, aber wenn, dann hätte damit auch die Quarantäne fallen müssen.
Die Ärztekammer Steiermark möchte sich gegenüber ZackZack nicht äußern und verweist auf die Steiermärkische Krankengesellschaft. Von dort wiederum erfährt ZackZack, dass gerade erarbeitet werde, wie die neue Regelung umgesetzt werde.
Ablehnung bis Zurückhaltung aus den Landesregierungen
Aus dem Büro von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) heißt es, dass die neue Regelung im Burgenland nicht umgesetzt werden soll. Dort wurde mit Februar die Pflichtquarantäne von fünf auf sieben Tage erhöht, weil sich in der aktuellen Corona-Welle gezeigt hatte, dass nach fünf Tagen 80 Prozent der Erkrankten noch sehr infektiös seien.
Aus dem Büro von Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) heißt es gegenüber ZackZack, sie habe sich klar gegen die neue Regelung ausgesprochen.
Steiermarks Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) sagt, sie hätte vom Gesundheitspersonal Rufe nach Hilfe bekommen, aber nie die explizite Bitte nach Quarantäne-Erleichterungen.
Tirol Kliniken: Rattenschwanz an Prüfungen
Die Tirol Kliniken sagen, dass die neue Regelung einen Rattenschwanz an Prüfungen mit sich bringe. Es müsse erst arbeits- und haftungsrechtlich geklärt werden, ob und wie sich diese Maßnahme umsetzen ließe. Die Zahl derjenigen, die das Angebot annehmen würden, fünf Tage nach einem positiven Test einfach wieder arbeiten zu gehen, dürfe aber wohl überschaubar sein.
Laut Büro von Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) hat es Gespräche mit Vertretern der großen Krankenhausbetreiber aus allen Bundesländern, mit Experten aus dem Gesundheitssystem und mit Ärzten gegeben. “Eine überwiegende Mehrheit der Gesprächspartner” hätte explizit und dringlich darum gebeten, “die Absonderung für bereits symptomfreie Mitarbeiter zu verkürzen”.
(pma)
Titelbild: APA Picturedesk