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Pharmalobbyistin wird doch nicht Medizinmarktaufsicht-Chefin

Pharmalobbyistin wird doch nicht Medizinmarktaufsicht-Chefin

AGES schreibt Stelle neu aus

Die Bestellung von Helga Tieben als neue Leiterin der Medizinmarktaufsicht wurde aufgrund ihrer bisherigen Tätigkeit für die Pharmaindustrie kritisiert. Die AGES hat die Stelle nun neu ausgeschrieben. Tieben spricht von einer „Hetzkampagne“.

Wien, 2. April 2022 | Die Pharmalobbyistin vom Verband der pharmazeutischen Industrie Pharmig Helga Tieben wird nach öffentlicher Aufregung über ihre Bestellung doch nicht Leiterin der Medizinmarktaufsicht. Die AGES hat die Stelle neu ausgeschrieben, wie Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) am Samstag im Ö1-Morgenjournal bekanntgab. Tieben ist „fassungslos“ und ortet eine „Hetzkampagne“. Sie hat rechtliche Schritte angekündigt.

Tieben war Ende Jänner auf den Posten bestellt worden. Anti-Korruptionsexperten orteten Unvereinbarkeit, Gesundheitsministerium und AGES wollten damals noch keinen Interessenskonflikt erkennen. Tieben hätte mit 1. April beginnen sollen, bei der Medizinmarktaufsicht zu arbeiten und Anfang Juni die Leitung übernehmen sollen. Die bisherige Chefin Christa Wirthumer-Hoche geht im Sommer in Pension.

Gesundheitsminister Rauch teilt Bedenken der Kritiker

In einer Zeit, in der Impfprogramme den Profitinteressen der Pharmafirmen zugeschrieben werden, müsse man bei solchen Bestellungen genau hinschauen, das habe er getan, so Rauch. Er teile die Bedenken der Kritiker. Noch Ende Jänner hat das Gesundheitsministerium unter Minister Mückstein auf den ordentlichen Auswahlprozess und Tiebens Kompetenz verwiesen.

Die Medizinmarktaufsicht in der AGES hat mehr als 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ist zuständig für Arzneimittelzulassungen, klinische Prüfungen und Überwachung der Arzneimittelsicherheit. Die Bestellung von Tieben, die bisher Direktorin der pharmazeutischen Industrie Pharmig war, sorgte für Kritik unter anderem von einigen Anti-Korruptions- und Gesundheits-Experten, aber auch von den Oppositionsparteien SPÖ und NEOS.

Tieben kündigte rechtliche Schritte an

Helga Tieben ist „fassungslos“ darüber, dass die AGES nur zwei Tage vor Beginn ihrer Tätigkeit vom Vertrag zurückgetreten ist. Sie sei aufgrund ihrer „jahrelangen fachlichen Expertise“ als bestgeeignete Kandidatin für die Leitung der AGES Medizinmarktaufsicht bestellt worden, sagte sie. Die folgende öffentliche Debatte war in ihren Augen “getrieben von politischen und institutionellen Einzelinteressen“. Sie hätte sich erwartet, dass die Politik die „Hetzkampagne“ gegen sie stoppe und die Entscheidung der Besetzungskommission unterstütze.

Zusammen mit ihrem Anwalt Karl Liebenwein wird sie rechtliche Schritte gegen „diese unsachliche, diskriminierende Vorgehensweise vorgehen“, wie dieser der APA gegenüber erklärte. Ihr Ruf sei geschädigt worden und ihr Arbeitsverhältnis hänge in der Luft. Tieben habe nach 27 Jahren ihre vorhergehende Anstellung gekündigt.

(apa/pma)

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Pia Miller-Aichholz

    Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich

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