Start News Dem Anwalt der Republik reicht’s – Peschorn im ÖVP-U-Ausschuss

Dem Anwalt der Republik reicht’s – Peschorn im ÖVP-U-Ausschuss

Dem Anwalt der Republik reicht’s – Peschorn im ÖVP-U-Ausschuss

Peschorn im ÖVP-U-Ausschuss

Im ÖVP-U-Ausschuss wehrte sich Finanzprokuratur-Chef Peschorn gegen Vorwürfe, Aktenlieferungen an den Ibiza-U-Ausschuss verzögert und den Bericht zur Inseratenaffäre der Öffentlichkeit vorenthalten zu haben.

Wien, 8. April 2022 | Wolfgang Peschorn beklagte im ÖVP-Korruptionsausschuss Vorwürfe, wonach er rechtswidrig gehandelt habe. Im Zentrum stehen entsprechende Äußerungen des Leiters der Internen Revision (IR) im Finanzministerium (BMF), Hannes Schuh, und jene von WKStA-Staatsanwalt Bernhard Weratschnig.

Weratschnig hatte der Finanzprokuratur vorgeworfen, Aktenlieferungen aus dem Finanzministerium – jene, die Blümel dann per Exekution liefern musste – verzögert zu haben. Die damit zusammenhängenden Ermittlungen gegen Peschorn sind mittlerweile eingestellt. Schuh hatte gesagt, Peschorn habe ihn angewiesen, nicht den vollen IR-Bericht zu veröffentlichen, weil er „die Öffentlichkeit nichts angeht“.

Während seiner eigenen Befragung warf SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer Peschorn vor, dem ÖVP-Korruptionsausschuss Akten vorzuenthalten. Der wehrte sich auch gegen diesen Vorwurf: „Ich habe mich nicht rechtswidrig verhalten, sondern ich versuche, mich rechtsrichtig zu verhalten, hinsichtlich eines komplexen Untersuchungsthemas.“ Er sei niemand, der Aufklärung blockieren wolle.

Interne Revision untersucht noch

In seiner Befragung hatte IR-Leiter Hannes Schuh berichtet, dass der eigentliche IR-Bericht mit 142 Seiten „Anhang“ getauft und stattdessen eine 18-seitige Zusammenfassung „Bericht“ genannt wurde. Der „Bericht“ wurde dann medienöffentlich präsentiert.

Peschorn sagte dazu, er könne Schuhs Äußerungen nicht nachvollziehen. Er habe Schuh gegenüber offen gesagt, wieso er nur eine Zusammenfassung veröffentlichen wollte. Die ausführlichen Unterlagen zu veröffentlichen, hätte laufende Ermittlungen beeinträchtigen können, sagt Peschorn. Die Republik Österreich befinde sich derzeit bereits in einem Rechtsstreit über ein Dienstverhältnis, das aufgrund der Inseraten-Affäre aufgelöst worden sei. Außerdem liefen seit Anfang des Jahres weiterführende Untersuchungen der IR.

Der ausführliche „Anhang“ sei den Ermittlungsbehörden zur Verfügung gestellt worden, aber aus den genannten Gründen von der Akteneinsicht ausgenommen und auch dem U-Ausschuss erst spät geliefert worden. Peschorn betonte hinsichtlich der Inseratenvergabe aus dem BMF immer wieder: „Die Republik ist Opfer.“

Die Sache mit der späten Aktenlieferung

Der Vorwurf des WKStA-Staatsanwalts Weratschnig rund um zu späte Aktenlieferungen wies Peschorn zurück. Seine Erklärung: die WKStA habe eine Anfrage wegen der Akten fälschlicherweise an das BMF adressiert, obwohl eigentlich die Finanzprokuratur zu adressieren gewesen wäre. Als Peschorn davon erfahren habe, habe er sich an das BMF gewandt und gefragt, ob er sich um die Anfrage kümmern solle. Von dort habe es geheißen, es sei alles erledigt. „Das war es nicht“, so Peschorn, „und jetzt sehen Sie vielleicht, wie herausfordernd manchmal die Arbeit als Anwalt der Republik ist.“

Peschorn war vom damaligen Finanzminister Gernot Blümel mit der Vermittlung in der Aktenlieferungs-Frage zwischen Ibiza-U-Ausschuss und BMF beauftragt worden. Der Finanzprokuratur-Chef schlug vor, mittels Schlagwörterliste private Korrespondenzen aus den zu liefernden E-Mail-Postfächern zu filtern. Der Verfassungsgerichtshof lehnte diese Lösung ab.

„Der Republik verpflichtet“

Als Präsident der Finanzprokuratur sei er Anwalt der Republik Österreich, hielt Wolfgang Peschorn überdies fest. Als solcher habe er immer wieder mitbekommen, dass es Seilschaften von Menschen „verschiedener Couleur“ mit „Beratern“ gäbe, die versuchten, ihr eigenes wirtschaftliches Interesse gegen das der Republik zu handeln. Als Beispiel dafür nannte Peschorn ABBAG, ÖBAG und die Abwicklung der HETA (ehemals HYPO) unter Finanzminister Schelling. Schelling habe ihn aus dem HETA-Verfahren „entfernt“, daher könne er dazu nicht viel sagen. Parteipolitische Netzwerke will Peschorn keine erkannt haben. Er selbst habe sich bestimmten Netzwerken widersetzt, die Finanzprokuratur und er selbst als Leiter seien dadurch Repressionen ausgesetzt gewesen.

Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli wollte wissen, wieso Christian Pilnacek sich, bevor sein Handy beschlagnahmt wurde, die Nummer von Peschorn notiert habe. Es habe weder rechtliche Beratung noch Absprachen mit Pilnacek gegeben, sagte Peschorn: „Bitte, ich bin der Republik verpflichtet und ich arbeite im Interesse der Steuerzahler und für nie-man-den anderen.“ Personen in der öffentlichen Verwaltung müssten „grundimmunisiert“ sein gegen Einfluss von außen, betonte Peschorn und plädierte dafür, die Verwaltungsstrukturen nachhaltig zu stärken, um „unlauteren Einfluss“ zu erschweren. Die derzeitigen Strukturen erinnerten an den Vormärz, so seine Einschätzung.

(pma)

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Pia Miller-Aichholz

    Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich

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