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»Saustall« Österreich: Großteil der Schweine leidet

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»Saustall« Österreich: Großteil der Schweine leidet

Tierschutz

Über 90 Prozent des Schweinefleischs in Österreich erfüllt keines der untersuchten Tierschutz- und Umweltkriterien. Zu diesem Schluss kommen Greenpeace und die Tierschutzombudsstelle Wien in ihrem Einkaufsratgeber. 

Wien, 11. April 2022  | Fünf Millionen Schweine werden pro Jahr in Österreich geschlachtet. Denn im Schnitt essen Herr und Frau Österreicher in diesem Zeitraum 36 Kilogramm Schwein – das beliebteste Fleisch hierzulande. Nicht ganz so beliebt scheint das Tier dahinter zu sein. Die Realität des Lebens “wie im Saustall” sieht dunkel aus. Denn rund 97 Prozent der heimischen Schweine werden konventionell gehalten und das bedeutet Vollspaltenböden, gekappte Ringelschwänzchen und Antibiotika im Futter.

Für die Überarbeitung ihres Einkaufsratgebers “Augen auf beim Schweinefleischkauf” hat die Tierschutzombudsstelle Wien (TOW) gemeinsam mit Greenpeace, pro-tier, dem Verein gegen Tierfabriken und Vier Pfoten 26 Marken und Gütesiegel für Schweinefleisch bewertet. Hier die 12 Tierwohl- und Umweltschutzkriterien, die überprüft wurden:

  • Kastenstand verboten
  • Vollspaltböden verboten
  • schmerzhafte Kastration verboten
  • kein Kupieren der Ringelschwänze
  • CO2-Betäubung verboten
  • Stroh als Einstreu vorgeschrieben
  • doppelt so viel Platz vorhanden, wie gesetzlich vorgeschrieben
  • Zugang zum Außenbereich
  • Zugang zur Weide verpflichtend
  • Antibiotika-Einsatz nach Bio-Standard
  • gentechnikfreie Futtermittel garantiert
  • keine Waldzerstörung durch den Futtermittelanbau

Das Ergebnis ist mehr als ernüchternd: Konventionelles Schweinefleisch, auch jenes mit dem rot-weiß-roten AMA-Gütesiegel, erfüllt keines der zwölf Kriterien. Die konventionellen Tierwohl-Projekte der österreichischen Supermärkte erfüllen acht bis neun der Kriterien, Bio-Marken erfüllen zehn bis zwölf. Schweinefleisch aus konventionellen Tierwohl-Projekten ist in den Supermärkten zwar angekommen und wird hie und da ausgebaut, allerdings handele es sich dabei weiterhin nur um eine Nische in den Regalen.

Forderung nach höheren Mindeststandards

Eine große Neuigkeit ist das nicht, bereits 2020 zeigten die Vereine die Krux mit den Gütesiegeln auf. Doch große landwirtschaftliche Reformen seitens der Politik gab es keine. “Die gesetzlichen Mindeststandards für die Haltung dieser sensiblen Tiere sind ein Armutszeugnis für ein Land, das sich gerne als Vorreiter im Tierschutz präsentiert. Die österreichische Bundesregierung darf hier nicht länger tatenlos zusehen und muss dringend handeln: indem sie endlich die 1. Tierhaltungsverordnung ambitioniert überarbeitet und eine verpflichtende Haltungskennzeichnung direkt am Produkt einführt”, fordert etwa Eva Persy, Leiterin der Tierschutzombudsstelle Wien.

Über 400.000 Menschen hatten im vergangenem Jahr das Tierschutzvolksbegehren unterschrieben, das auch eine Forderung nach dem Aus für Vollspaltenböden in der Schweinehaltung enthielt. Nach der Behandlung des Volksbegehrens im Parlament bleibt die grausame Haltung in Österreich aber weiterhin erlaubt. Anlässlich der Kritik des Tierschutzvolksbegehrens wiesen die Grünen auf die Mindeststandards ab 2023 hin, darunter mehr Platz pro Schwein. Vollspaltenböden bleiben aber weiterhin erlaubt.

Wenn schon Fleisch, was kaufen?

Von der österreichischen Bundesregierung fordern Greenpeace und TOW eine echte Anhebung der Mindeststandards für die Haltung von Schweinen sowie eine gesetzliche Kennzeichnung der Haltungsbedingungen am Produkt. Denn vor allem bei Wurstwaren und anders verarbeitetem Fleisch ist die Herkunft praktisch nicht nachvollziehbar. Auch in der Gastronomie kann Billigstfleisch aus aller Welt verarbeitet werden und muss nicht gekennzeichnet sein.

Anlässlich des anstehenden Osterfestes raten Greenpeace und TOW, sich beim Kauf von Osterschinken zu Bio-Produkten oder Produkten aus Tierwohl-Projekten zu greifen und den Einkaufsratgeber zu verwenden. Doch nur rund drei Prozent der Schweine werden unter Bio-Bedingungen gehalten. Grundsätzlich selten zu Fleisch zu greifen und öfter Gemüse, Hülsenfrüchte und Co. zu essen sei nicht nur besser für Tier und Umwelt, sondern auch für die eigene Gesundheit. Denn Menschen in Österreich verzehren durchschnittlich dreimal soviel Fleisch wie maximal empfohlen.

(sm)

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Stefanie Marek

    Redakteurin für Chronik und Leben. Kulturaffin und geschichtenverliebt. Spricht für ZackZack mit spannenden Menschen und berichtet am liebsten aus Gerichtssälen.

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