Parlamentarische Anfrage folgt
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) ließ sich im Zuge seiner Ukraine- und Russlandreisen von Ex-Bild-Chef Kai Diekmann „pro bono“ beraten. Dieser lästerte auf Twitter über einen kritischen Russland-Experten. Dafür setzt es jetzt eine parlamentarische Anfrage.
Wien, 13. April 2022 | Die Russlandreise zu Wladimir Putin von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sorgte für eine kritische Stimmen unter Osteuropa-Experten. Einer von ihnen: der Universitätsprofessor Gerhard Mangott, der in der ZiB2 am Sonntag über den Besuch Nehammers sagte: “Ich halte diesen Besuch nicht für eine kluge Entscheidung. Ganz und gar nicht.” Die große Sorge Mangotts war, dass Putin nach dem ersten Besuch eines EU-Regierungschefs seit Kriegsbeginn Bilder für seine Propaganda nützen würde. Der „Kurier“ titelte daraufhin: “Mangott kritisiert Nehammer: ‘Er liefert Putin grandiose Fernsehbilder’.”
Keine Bilder, aber Propaganda-Meldungen
Zwar hatte Mangott mit seiner Fernsehbilder-Einschätzung nicht recht, doch Propagandaberichte eines Kreml-treuen Mediums folgten trotzdem auf das Treffen. Das von der Abteilung für Innenpolitik der Präsidialverwaltung Russlands betreute Online-Medium „pravda.ru“ behauptete nämlich: “Nach Ansicht von Beobachtern in der russischen Hauptstadt ist Karl Nehammer nicht nach Russland gekommen, um Frieden zu stiften. Der österreichische Bundeskanzler war überhaupt nicht besorgt über die Ukraine, nicht über die russische Militäroperation in diesem Land.” Der wahre Grund seien die Gaslieferungen gewesen. Putin habe, wie allen “unfreundlichen Ländern”, dieselbe Antwort bei der Gaslieferung gegeben, nämlich dass es keine Extrakonditionen gebe. Nehammer soll, laut “pravda.ru”, daraufhin Putin „erpresst“ haben.
Kanzler-Berater greift Experten an
Am Dienstag rückte dann ein Berater des Bundeskanzlers aus: Kai Diekmann. Der ehemalige Bild-Chefredakteur, dessen PR-Agentur „Storymachine“ die ÖVP im Untersuchungsausschuss berät, ätzte gegen Mangott. Auf Twitter teilte er einen Screenshot des „Kurier“-Artikels über den anerkannten Russland-Experten. „’Mangott kritisiert Nehammer: ‘Er liefert Putin grandiose Fernsehbilder’. Grandiose Fernsehbilder, fürwahr. Irgendwann müssen wir mal den Begriff ‘Experte’ neu definieren.“ Das Lästern Diekmanns über Mangott kam bei den Nutzern der Social-Media-Plattform gar nicht gut an. Sein direkter Angriff auf den Wissenschaftler sorgte für einige Kritik.
Mangott kritisiert Nehammer: "Er liefert Putin grandiose Fernsehbilder". Grandiose Fernsehbilder, fürwahr.🙈🙈🙈 Irgendwann müssen wir mal den Begriff “Experte” neu definieren. @KURIERat pic.twitter.com/aPvOoqNGOq
— Kai Diekmann (@KaiDiekmann) April 12, 2022
Ukraine-Begleitung dank Kanzler-Gattin
Laut „Presse“ soll Diekmann den Kanzler bei seinem Besuch in der Ukraine auf Betreiben von Katharina Nehammer begleitet haben: „Eine, die daran ehrenamtlich intensiv mitgearbeitet haben soll, sei die Frau des Kanzlers: Katharina Nehammer. Sie soll auch diejenige gewesen sein, die Diekmann als außenpolitischen, ehrenamtlichen Berater Nehammers aktiviert haben soll.“ Diekmann soll für seine Beratertätigkeit für den Kanzler weder bezahlt worden sein, noch seien seine Reisekosten übernommen worden, er arbeitete laut Bundeskanzleramt “pro bono”.
Die Berater-Begleitung inklusive des Tweets gegen den Russland-Experten Mangott wird nun ein parlamentarisches Nachspiel haben. Die NEOS-Mediensprecherin Henrike Brandstötter kündigte eine parlamentarische Anfrage an.
Sie lesen: Storymachine bei der Arbeit. Eine umfassende parlamentarische Anfrage zu Diekmanns Tätigkeiten für das BKA und seiner Rolle im Russland-Tross wird von mir eingebracht. https://t.co/nbXJLTjIei
— Henrike Brandstötter 🇪🇺🇺🇦 (@brand_rede) April 12, 2022
(bf)
Titelbild: APA Picturedesk