Der katastrophale Absturz Österreichs im Pressefreiheitsranking müsste eigentlich ein alarmierendes Signal für Medienministerin Susanne Raab sein. Diese will sich allerdings zuerst „das Bewertungssystem genau ansehen“. Die Opposition ruft die Regierung zu Tempo auf.
Wien, 03. Mai 2022 | Minus 14 Plätze in nur einem Jahr: Das neue „Reporter ohne Grenzen“-Pressefreiheitsranking ist für Österreich ein katastrophales Zeugnis. Mit Platz 31 liegt man nur noch im Mittelfeld der Staaten mit einer “zufriedenstellenden” Pressefreiheit.
Raab will sich “Bewertungssystem anschauen”
Die für Medien zuständige Ministerin, Susanne Raab (ÖVP), äußerte sich zum Pressefreiheitsabsturz äußerst zurückhaltend und will sich zuerst das Bewertungssystem ansehen. “Was das aktuelle Ranking des Vereins Reporter ohne Grenzen betrifft, werden wir uns das Bewertungssystem und die Ableitungen genau ansehen, sobald der Bericht vorliegt und in unsere Gespräche mit der Branche einfließen lassen”, teilte Raab der APA mit. “Klar ist, dass wir weiterhin jeden Tag alles dafür tun müssen, das hohe Gut der Pressefreiheit in Österreich weiter zu schützen, damit Journalistinnen und Journalisten frei, sicher und unabhängig ihrer Arbeit nachgehen können”, so Raab.
Opposition sieht Regierung in der Pflicht
Die SPÖ forderte hingegen als Konsequenz aus dem Absturz im Ranking die Einsetzung eines “Konvents für Medienfreiheit”, der unter Beteiligung von Zivilgesellschaft, Experten und Opposition die nötigen Reformen erarbeiten soll. “Es braucht dringend ein Medienfreiheits- und Transparenzpaket gegen Inseratenkorruption und Message Control, um Medien in ihrer unabhängigen Berichterstattung zu unterstützen”, forderte SPÖ-Mediensprecher Jörg Leichtfried. Konkret nannte er etwa auch eine Erhöhung der Presseförderung sowie ein neues ORF-Gesetz mit mehr Unabhängigkeit für die ORF-Gremien.
Ähnlich äußerten sich die NEOS. Mediensprecherin Henrike Brandstötter forderte, dass ÖVP und Grüne “umgehend ein zeitgemäßes Informationsfreiheitsgesetz vorlegen” müssten. Von den Grünen hatte sie sich mehr erwartet: „Wir hatten die leise Hoffnung, dass es mit der Regierungsbeteiligung der Grünen besser wird. Doch das Gegenteil ist der Fall – auch die Regierung Nehammer/Kogler geht den Weg der Einschränkung der Pressefreiheit, den Sebastian Kurz zusammen mit der FPÖ eingeschlagen hat, stetig weiter bergab und die angeblichen Kämpfer für Anstand und Transparenz schlafen in der Pendeluhr.“
FPÖ-Mediensprecher Christian Hafenecker sieht die Schuld für den “katastrophalen Absturz Österreichs” vor allem bei der ÖVP. Die “schwarz-türkise Medienkaufstrategie und Inseratkorruption” hätten “größten Schaden an der polit-medialen Kultur angerichtet”. Er sprach sich etwa für einen Kostendeckel für Regierungsinserate und die Schaffung gesetzlicher Grundlagen für mehr Transparenz aus.
(apa/bf)
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