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Tierschützer üben Kritik an Bohrn Mena-Event

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Tierschützer üben Kritik an Bohrn Mena-Event

Am Mittwoch starten die „Österreichischen Konsumdialoge“, die auch von grünen Ministerien gefördert werden. Tierschützer bezeichnen das Event als „Tierindustrie-Werbeevent“. Die Veranstalter wehren sich.

Wien, 11. Mai 2022 | Von Mittwoch bis Freitag finden in Hallein bei Salzburg die Österreichischen Konsumdialoge statt. Veranstaltet und organisiert wird der Kongress von der Gemeinwohlstiftung Común von Veronika und Sebastian Bohrn Mena. Der Anspruch des Events: ein kritischer Austausch zwischen Produzenten und Konsumenten, um letztere weniger durch Industrie und Handel manipulierbar zu machen.

Doch im Vorfeld der Veranstaltung wurde Kritik von Tierschützern laut. Martin Balluch, Obmann des Vereins gegen Tierfabriken (VGT), veröffentlichte auf seinem Blog zahlreiche Vorwürfe. Der Kern seiner Kritik: Die Konsumdialoge seien ein „Tierindustrie-Werbeevent“ und „klassisches Greenwashing“.

Balluch: Kritische Zivilgesellschaft fehlt

Balluch ist ein jahrelanger Kritiker von Sebastian Bohrn Mena. Bohrn Mena war Initiator des Tierschutzvolksbegehrens. Balluch begründet seine scharfe Kritik damit, dass das Event zwar als „Dialog“ bezeichnet wird, aber keine kritischen Stimmen aus der Zivilgesellschaft in Form von Tierschutz- und Umweltschutzorganisationen vertreten seien. Dafür aber Vertreter von einem Tierarzneimittelhersteller, von Lobbys wie etwa Agrarmarkt Austria (AMA), der Landwirtschaftskammer sowie Verbandsvertreter der Geflügel-, Rinder- und Schweinezuchtbranche.

Georg Prinz, ebenfalls vom VGT, ergänzt: „Mit diesen Organisationen werden bei der Veranstaltung Positionen für einen starken Umweltschutz und Tierschutz unterlaufen.“ Es gehe den meisten nicht darum, den Status Quo in der Tierhaltung zu ändern, sondern um eine möglichst positive Darstellung.

Organisatorin Veronika Bohrn Mena sieht das ganz anders: „Wir wollen vor allem jene für einen Austausch gewinnen, die auch den Fortschritt umsetzen müssen, den wir uns als Gesellschaft wünschen. Der Einbezug der landwirtschaftlichen Erzeugerverbände ist daher genauso wichtig für uns wie die Mitwirkung der Expert*innen aus den unterschiedlichen Bereichen.“ Die Gemeinwohlstiftung Común habe außerdem einen Umweltfonds, der unter anderem den Tierschutz unterstütze. Auch diese Sichtweisen werde man einbringen, so Bohrn Mena.

Aufgrund der Teilnahme der Interessensvertretungen der Tierindustrie zog sich eine Partner-Organisation wieder zurück. Zackzack hat recherchiert.

Wer bezahlt?

Auf der Website der Konsumdialoge gibt es unter dem Reiter „Transparenz“ eine Übersicht der Finanzierung der Veranstaltung. Mit 41.500 Euro wird das Event fast zur Hälfte durch die öffentliche Hand gefördert. Insgesamt 30.000 Euro davon kommen vom Klimaschutzministerium und vom Sozialministerium, der Rest von der Stadt Hallein und dem Land Salzburg.

Die Förderungen erhielt die Veranstaltung über ein reguläres Förderansuchen. Die grünen Minister Leonore Gewessler, Johannes Rauch und Alma Zadić werden entweder persönlich oder per Videoschaltung an Podiumsdiskussionen teilnehmen. Die Begründung der Ministerin dafür: Die Ministerien sind für Themen wie das Lieferkettengesetz, Lebensmittelverschwendung oder Konsumentenschutz zuständig, die bei der Veranstaltung abgedeckt werden. Laut Veronika Bohrn Mena seien auch andere Minister angefragt worden, diese hätten aber keine Zeit gehabt.

Sponsorenliste wegen ZackZack-Recherche veröffentlicht

Ein kleiner Teil der Veranstaltung wird durch Eigenmittel finanziert. Der neben den öffentlichen Geldern zweite Löwenanteil von fast 38.000 Euro kommt durch Sponsoring zustande. Doch bis zum vergangenen Wochenende war auf der Website nicht ersichtlich, wer diese Sponsoren sind. Auf Nachfrage von ZackZack hatte Veronika Bohrn Mena darauf eine interessante Antwort: Weil ZackZack zu recherchieren begann, habe man sich dazu entschlossen, die Sponsoren-Liste auf die Website zu stellen. Ursprünglich habe man das erst in einem Bericht nach dem Kongress tun wollen.

Die einzelnen Sponsoring-Beiträge liegen zwischen 1.000 und 5.000 Euro, man wolle sich von keinem Sponsor abhängig machen. Einer der Sponsoren ist AMA. Bioschweine Austria, die größte Vermarktungsorganisation für Bioschweine in Österreich, sponsert ebenfalls. Weitere Sponsoren sind Unternehmen wie Bellaflora, Bio Hotels, Sonnentor, Donau Soja, oder Bauernladen.at. Jene Vertreter der Tierzuchtindustrie, die Tierschützern besonders ein Dorn im Auge sind, sind keine Sponsoren.

Tierindustrie stark vertreten

Die Rinderzucht Austria, der Verband Österreichischer Schweinebauern, die Zentrale Gemeinschaft der Österreichischen Geflügelwirtschaft und der Österreichische Bundesverband für Schafe & Ziegen sponsern also nicht. Sämtliche dieser Verbände sind allerdings als „Mitwirkende“ auf der Website aufgelistet. Der Reiter „Mitwirkende“ hieß zuerst „Partner &Netzwerk“, das wurde später auf der Website geändert. Was bedeutet nun aber Mitwirkung?

Auf ZackZack-Anfrage teilte Rinderzucht Austria mit, dass man nicht in die Konzeption und Organisation der Veranstaltung eingebunden gewesen sei. Wie auch von Sprechern anderer der oben genannten Verbände hieß es, dass man Informations-Stände auf der Veranstaltung habe. Man wolle vor Ort mit Konsumenten über das Thema Tierhaltung diskutieren und informieren. Rinderzucht Austria werde auch mit einem Tiertransporter vor Ort sein und „objektiv über den Ablauf eines Langstreckentransportes für Zuchtrinder informieren“, so der Verband.

Einige Vertreter der Verbände nehmen auch an Diskussionen am Podium teil. Der Grund, warum man an der Veranstaltung mitwirke, so Michael Klaffenböck vom Verband Österreichischer Schweinebauern, sei das Bedürfnis, mehr Transparenz zwischen Landwirtschaft und Konsumenten schaffen zu wollen. Den Vorwurf, es handle sich um ein Werbeevent, bezeichnet er als „haltlos“.

Organisation zog sich wegen Lobbys zurück

Einige Organisationen hatten Bedenken und wollten keine „Mitwirkenden“ sein. Der Jugendrat, der bis vor kurzem als Mitwirkender gelistet war, hat seine Teilnahme als Partner der Veranstaltung mittlerweile zurückgezogen. “Der Jugendrat kann und will es nicht mit seinen moralischen Werten vereinbaren, gemeinsam mit der kommerziellen Tierindustrie bei einem Event aufzutreten. Natürlich befürworten wir im Allgemeinen dennoch einen kritischen Diskurs”, begründet Philippa Kaufmann vom Jugendrat den Rückzug.

Als man dem zugestimmt habe, habe man nicht gewusst, dass konventionelle Tierhalter Mitwirkende sein würden. Das habe man erst im April erfahren. Hätte der Jugendrat das von Beginn an gewusst, hätte man nicht zugesagt, so Kaufmann.

Veronika Bohrn Mena sagt dazu: „Wir bedauern sehr, dass der Jugendrat sich nicht aktiv als Organisation einbringen wird, umso mehr begrüßen wir es aber, dass die Jugendrat-Gründerin Lena Schilling eine wesentliche Säule der Veranstaltung ist.“ Der Jugendrat wiederum sagt, dass Schilling nicht als offizielle Vertreterin des Jugendrates, sondern als Privatperson und Klimaaktivistin dort sei. Schilling ist Stiftungsbeirätin in Bohrn Menas Gemeinwohlstiftung Comùn und laut Veronika Bohrn Mena auch im Organisationsteam der Konsumdialoge.

Bohrn Mena: „Müssen konventionelle Schweinebauern für Veränderung gewinnen“

Sechs Personen sind auf der Website unter dem Punkt „Speaker*innen“ schlicht als „Bauer“ oder „Bäuerin“ deklariert. Sie betreiben konventionelle Tierhaltung und haben teils noch andere Zugehörigkeiten, wie zur AMA oder dem ÖVP-Bauernbund, die nicht angeführt sind.

Die Begründung der Organisatorin: „Wenn wir tatsächlich eine positive Veränderung bewirken wollen, dann müssen wir auch konventionellen Schweinebäuer*innen dafür gewinnen.“ Man habe diese Personen außerdem „nicht als Vertreter parteipolitischer Organisationen eingeladen, sondern als Bäuerinnen und Bauern.“

Allerdings wird auf der Website etwa die Klimaaktivistin Paula Dorten, anders als die Bäuerinnen und Bauern, mit dem Zusatz „Jugendrat und Fridays for Future Österreich“ angeführt. Auf Nachfrage bestätigte Fridays for Future (FFF), dass Paula Dorten nicht als offizielle Vertreterin von FFF dort sei, sondern als Privatperson. Denn auch Fridays for Future wollte sich nicht als Partner an der Veranstaltung beteiligen. Aufgrund eines Missverständnisses sei das Logo eine Zeit lang unter „Mitwirkende“ zu sehen gewesen, man habe dem nicht zugestimmt. Nachdem man die Veranstalter gebeten habe, das Logo zu entfernen sei das sofort passiert.

An einer anderen Stelle auf der Website, wird auch ein Biobauer als solcher angeführt, ein Vertreter von Bio Austria beteiligt sich ebenfalls am Podium.

Tierschützer sehen keine Ausgewogenheit

Georg Prinz vom VGT sieht die Argumentation der Veranstalter, man habe viele NGOs und Vertreter der Zivilgesellschaft dabei, als Feigenblatt. Es gehe ihm mit dieser Kritik nicht darum, kleine Initiativen schlechtzureden. Doch bei der Frage, wer hier wem gegenübersteht, müsse man sich die Größenverhältnisse ansehen: „Wenn auf der einen Seite ein professioneller Interessensvertreter sitzt und auf der anderen Seite jemand, der nicht so tief in der Materie drin ist, für den Tierschutz nicht das Hauptthema ist, ist das nicht ausgeglichen.“

Den Vorwurf der Unausgewogenheit findet Veronika Bohrn Mena „lächerlich“. Sie führt aus: „Wer die Liste mit den über 100 Speaker*innen durchblättert, wird erkennen, dass dutzende Vertreter*innen der Zivilgesellschaft vor Ort sind, darunter prononcierte Kritiker*innen der Massentierhaltung.“

Auf der Liste der Speaker finden sich neben den Vertretern der veranstaltenden Gemeinwohlstiftung Común zum Beispiel Greenwashing-Expertin Nunu Kaller oder die Investigativ-Journalistin Kathrin Hartmann. Die kleine NGO Goliathwatch etwa kommt aus Deutschland, die ebenfalls kleine Organisation Foodwatch Österreich beschäftigt sich mit dem Thema Konsumentenschutz. Auch andere Journalisten, Vertreter von Universitäten und Fachhochschulen und der Arbeiterkammer sind dabei.

Die Veranstaltung beginnt am Mittwoch um 9 Uhr mit der Eröffnung einer Ausstellung mit dem Titel “Von Greenwashing, Täuschung und Betrug”. Später am Programm stehen dann Dialogzirkel, etwa zum Wert von Lebensmitteln, zum Lieferkettengesetz und zum Thema Nachhaltiges Wirtschaften. An einigen dieser Dialogzirkel nehmen auch die grünen Minister teil.

(sm)

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Stefanie Marek

    Redakteurin für Chronik und Leben. Kulturaffin und geschichtenverliebt. Spricht für ZackZack mit spannenden Menschen und berichtet am liebsten aus Gerichtssälen.

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