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Uiguren in Konasheher – Jeder 25. inhaftiert

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Uiguren in Konasheher – Jeder 25. inhaftiert

Uiguren in Konasheher

Der überwiegend von Uiguren besiedelte chinesische Bezirk Konasheher in der autonomen Region Xinjiang verzeichnet laut durchgesickerten Daten eine der weltweit höchsten Raten an Gefangenschaften.

Wien, 17. Mai 2022 | Ein Datenleck, das der Nachrichtenagentur Associated Press (AP) zugespielt wurde und von ihnen zum Großteil verifiziert wurde, beweist massenweise Inhaftierungen im Bezirk Konasheher in der Region Xinjiang im Nordwesten Chinas. Demnach wurde beinahe eine von 25 Personen wegen „religiösem Extremismus“ zu langen Gefängnisstrafen verurteilt. Laut AP soll das die höchste bekannte Inhaftierungsrate weltweit, obwohl es sich nur um eine Provinz in Xinjiang handelt. Was alle Häftlinge gemeinsam haben, ist ihre Angehörigkeit zur mehrheitlich muslimischen Ethnie der Uiguren.

Datenleck bestätigt willkürliche Verhaftungen

Bei dem Datenleck handelt es sich um die bisher umfangreichste, veröffentlichte Liste mit 10.000 Namen inhaftierter Uiguren in Konasheher, einem Bezirk mit über 260.000 Einwohnern. Zur Größenvorstellung: Die Provinz hat in etwa gleich viele Einwohner, wie das Burgenland. Die Anzahl der Inhaftierten würde der Bevölkerung Eisenstadt entsprechen.

Die Liste kam an AP durch den Menschenrechtsaktivisten und exilierten Uiguren in Norwegen Abduweli Ayup, der sie wiederum von einer anonymen Quelle, der sich selbst als ein Mitglied Chinas mehrheitlicher Han-Chinesen sieht, der gegen das Vorgehen der Regierung gegen die Uiguren ist. Sie bestätigt das brutale Vorgehen Pekings gegen die muslimische Minderheit, getarnt unter dem Deckmantel „Krieg gegen den Terror“. Nach wachsendem internationalen Druck wurden 2019 die Umerziehungslager, die nicht der allgemeinen Gerichtbarkeit unterstanden und in denen Uiguren zwangsassimiliert wurden, eingestellt. Die willkürlichen Inhaftierungen sind jedoch geblieben.

Regierung dementiert Vorwürfe

Das Auffällige an der Liste, dass es sich nicht um typische Straftatbeständen wie Mord oder Diebstahl handelt, sondern vielmehr um Straftaten im Zusammenhang mit terroristischen Aktivitäten, Unruhestiftungen und vagen Anschuldigungen. Oftmals als Vorwand, um politisch Andersdenkende einzusperren. Daher ist die Annahme, dass die Gesamtzahl der Inhaftierten höher ist, nicht abwegig. Der Sprecher von Xinjiang dementiert die Vorwürfe willkürlicher Verhaftungen und erklärt die Urteile seien im Einklang mit dem Gesetz vollstreckt worden. „Wir werden niemals bestimmte Regionen, ethnische Gruppen oder Religionen ins Visier nehmen, schon gar nicht die Uiguren.“, so der Sprecher.

Laut dem Experten für das System der Massenverhaftungen in Xinjiang Darren Byler sollen die Verhaftungen jeglicher Gesetzesgrundlage entbehren. Es betreffe etwa Personen, die sich gewisse Apps runtergeladen haben oder Verwandte im Ausland haben. „Es ist wirklich bemerkenswert“, so Byler gegenüber AP, „Nirgendwo sonst haben wir erlebt, dass ganze Bevölkerungsgruppen als Terroristen bezeichnet oder als Terroristen angesehen wurden. Der Staat versucht, das Narrativ umzudrehen und zu sagen, ‘wisst ihr, all diese Menschen sind eigentlich Kriminelle’.”

Systematische Verfolgung und Unterdrückung

China kämpft schon lange um die Kontrolle über Xinjiang, wo die mehrheitlichen Uiguren sich gegen die restriktive Herrschaft Pekings wehren. Mitte der 2010er-Jahre startete die Regierung eine Kampagne, die eine Umerziehung und Verfolgung muslimischer Uiguren zum Ziel hatte. Peking stritt zunächst die Existenz von Umerziehungslagern ab und rechtfertigte sie später mit der Terrorgefahr, die von dieser Region ausgehe. Im Zuge dessen wurden Hunderttausende Angehörige muslimischer Minderheiten inhaftiert und gefoltert. Ein Bericht von 50 internationalen Experten aus dem Bereich Kriegsverbrechen, Menschenrechte und internationales Recht ist zum Schluss gekommen, dass das Vorgehen der chinesischen Regierung jede Klausel der Genozidkonvention der Vereinten Nationen gebrochen hat.

(nb)

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Nura Wagner

    Greift der Redaktion unter die Arme so gut sie kann, sei es mit ihren E-Mail-Beantwortungsskills oder mit ihren Russisch-Kenntnissen.

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