ÖVP-Generalsekretärin weiß es auch nicht
ÖVP-Generalssekretärin Laura Sachslehner sollte am Dienstag in der “ZiB Nacht” zu ihren scharf kritisierten Aussagen zur Staatsbürgerschaft Stellung beziehen. Dabei entstand ein kurioses Schauspiel.
Wien, 18. Mai 2022 | Die Aussagen auf Twitter von ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner, dass die Staatsbürgerschaft „entwertet“ werde, wenn sie – wie von der Arbeiterkammer gefordert – unter bestimmten Voraussetzungen leichter und schneller zu bekommen wäre, sorgten in den vergangenen Tagen für ordentlich Kritik. Sachslehners Bemerkungen bezeichnete SOS Mitmensch als „verlogen“. Die Generalsekretärin solle die „Herabwürdigung hier lebender Menschen sofort“ stoppen, so die Menschenrechtsorganisation.
Die @volkspartei ist der Garant dafür, dass es keinesfalls zu dieser Entwertung der Staatsbürgerschaft kommt. Denn die Staatsbürgerschaft muss man sich verdienen, eine gelungene Integration ist dafür die wichtigste Voraussetzung.
— Laura Sachslehner (@l_sachslehner) May 16, 2022
Die “ZiB Nacht” gab am Dienstag der Generalsekretärin dann tatsächlich auch die Chance, ihren Standpunkt zu erläutern. Eine wirkliche Antwort erhielt Moderator Stefan Lenglinger allerdings nicht, stattdessen wurde von Sachslehner eifrig das Phrasenschwein bedient. An den Fragen des Moderators antwortete Sachslehner vorbei.
Phrasendreschen für Anfänger
Gleich bei der Einstiegsfrage – „Wer entwertet die Staatsbürgerschaft und wodurch?“ – gab es von Sachslehner die Antwort: „Für uns als Volkspartei ist klar, dass die Staatsbürgerschaft ein hohes Gut ist. Und deshalb nur am Ende eines gelungenen Integrationsprozesses verliehen werden sollte, und dieser Automatismus, der da gefordert wird, das ist das, was wir als Volkspartei klar ablehnen.” Lenglinger machte Sachslehner darauf aufmerksam, dass die Arbeiterkammer keinen Automatismus forderte, sondern nur eine Fristenverkürzung und blieb hartnäckig: „Wo ist da die Entwertung der Staatsbürgerschaft?“ Sachslehner ging erneut nicht darauf ein und wiederholte ihre erste Antwort, also musste der Moderator ein drittes Mal bei der ÖVP-Generalsekretärin nachfragen. Sachslehners Antwort dürfte den Zusehern bereits bekannt vorkommen: „Es geht darum, dass die Staatsbürgerschaft ein unglaublich hohes Gut ist.”
Nachdem er ein viertes Mal die Frage stellte und ein viertes Mal keine Antwort bekam, die mit der Frage etwas zu tun hatte, gab der Moderator auf und ging auf einen weiteren Aspekt des scharf kritisierten Sachslehner-Tweets ein. Die Generalsekretärin hatte geschrieben, dass man sich die Staatsbürgerschaft „verdienen“ müsse.
“Womit haben Sie denn die Staatsbürgerschaft verdient?”
Der ZiB-Nacht-Moderator stellte die naheliegende Frage: „Womit haben Sie oder ich denn die Staatsbürgerschaft verdient?“ Und auch hier agierte Sachslehner ausweichend und erklärte nur, dass die Staatsbürgerschaft über das Abstammungsprinzip zu erhalten sei. Lenglinger wiederholte die Frage – Sachslehner wiederholte die Antwort. Ein drittes Mal probierte er es, Sachslehner beklagte, dass sie nicht ausreden dürfe. Sachslehner redete aus und gab keine Antwort auf die Frage und sprach von Pull-Faktoren, die durch den AK-Vorschlag entstehen würden. Lenglinger reagierte auf die ablenkende Antwort: „Na gut, wenn Sie mir den Migrationsexperten nennen können, der sagt, dass eine Verkürzung der Frist zu einem Pull-Faktor führen würde, dann bin ich gespannt.“
Dass ein Drittel der Wiener nicht wahlberechtigt ist und die Hälfte davon bereits über zehn Jahre in Österreich wohnt, besorgte die Generalsekretärin nicht: „Es gibt ja bereits auf regionaler Ebene jetzt für EU-Bürger, die dort wohnhaft sind, die Möglichkeit zu wählen.“ Nur bei der Nationalratswahl halt nicht.
Das gesamte Interview gibt es hier.
(bf)
Titelbild: Screenshot ORF