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Aus dem Gerichtssaal: »Oaschloch«-Posting über Polizist kostete 500 Euro

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Aus dem Gerichtssaal: »Oaschloch«-Posting über Polizist kostete 500 Euro

Aus dem Gerichtssaal:

Ein Polizist wurde im Netz wegen eines Tritts auf einer Demo mit unschmeichelhaften Ausdrücken bedacht und klagte. Er bekam nur teilweise Recht.

Wien, 23. Mai 2022 | Richter, Verteidiger, Kläger und Beklagter – das Wort „Oaschloch“ kam am Montag aus sehr vielen Mündern am Landesgericht Wien. Grund dafür war die Klage eines Polizeibeamten gegen Thomas Walach. Allerdings nicht gegen ihn als ZackZack-Geschäftsführer, sondern als Privatperson. Walach hatte den Polizisten auf seinem Twitter-Account zusammen mit einem Foto des Mannes als „kriminelles Oaschloch“ bezeichnet.

Eskalation auf Demo

Der Kontext: Auf Twitter ging ein Video von einer Anti-Coronamaßnahmen-Demonstration im Oktober 2021 herum, die auf eine linke Fahrrad-Gegendemonstration trifft. Dieses Video wird auch im Gerichtssaal gezeigt.

Darauf ist zu sehen, wie besagter Polizeibeamter einem vor ihm gehenden Fahrradfahrer von hinten die Kappe vom Kopf reißt, ihn stößt und schließlich hintritt, nachdem der Mann gestolpert war. Unschwer ist der Kläger selbst darauf zu erkennen, denn den Helm setzt er sich erst nach dem Tritt auf.

https://twitter.com/allesmittelgrau/status/1528602881623990273

Das rigide Verhalten kommentiert der Beamte mit einer Bemerkung, die Prozessbeobachter aufhorchen lässt: „Wenn Sie mich kennen, wissen Sie, dass ich da relativ entspannt war“, sagt der Polizist, der in diesem Prozess als Kläger auftritt.

Er habe den Mann nicht gestoßen und auch nicht getreten. Die Kappe habe er ihm „leider“ heruntergerissen, das gebe er zu. Gestolpert sei der Mann nicht wegen eines Stoßes von ihm, sondern über einen Reifen. Er habe nur auf ein Fahrrad vor ihm getreten, um es wegzuschieben.

Tritt: Strafverfahren eingestellt

„Es lässt sich eindeutig aus der Position der Beteiligten ableiten, dass er die Person tritt, die er zuvor umgestoßen hat“, verteidigt Walach sich und seine Empörung. „Dass ein Beamter jemanden stößt und tritt, hat mich empört und schockiert und es empört und schockiert mich heute noch.“

Ein Strafverfahren zu dem Tritt selbst ist im Vorfeld eingestellt worden. Denn man sieht zwar den Tritt auf den Videos, was oder wer getroffen wird, erkennt man allerdings nicht direkt, weil ein weiterer Polizeibeamter die Sicht versperrt. Der Fahrradfahrer hatte sich nie gemeldet, daher kennt auch niemand seine Sicht der Geschehnisse.

Neun Verfahren mit ähnlichen Zusammenhängen waren gegen den Polizisten anhängig, alle eingestellt. Wie er sich das erkläre, fragt der Beklagten-Anwalt. “Ich bin jetzt fast 30 Jahre im Dienst. Ein guter Inspektor hat Beschwerden, weil er hingreift”, so der Polizist. Das seien alles falsche Misshandlungsvorwürfe von Leuten, die sich dadurch besser darstellen wollen, führt er aus.

Kritik an „höchst unmoralischem Verhalten“

Walach erklärt die Hintergründe des Postings. Er habe die Berichterstattung zu dieser Demonstration an jenem Tag gesehen und dann am Abend auch das Video. Direkt im Anschluss habe er besagten Tweet abgesetzt. Das Wort „kriminell“ habe er im alltagsgebräuchlichen Sinne verwendet, als Synonym für „sich an der Grenze des Erlaubten bewegend; unverantwortlich, schlimm; rücksichtslos“ – so die zur Verteidigung angeführte Dudendefinition.

Es sei ein höchst unmoralisches Verhalten gewesen, sagt Walach und wendet sich damit direkt an den Polizeibeamten. Was unter dessen FFP2-Maske vorgeht, ist schwer zu sagen. Die Unterarme vor ihm aufgestützt, die Finger locker vor seiner auf dem Tisch liegenden Dienstkappe verschränkt, bleibt er ruhig.

Anwalt: „Sinnlose Polizeigewalt“

Klägeranwalt Thomas Preisinger sagt am Ende des Prozesses, er werde sich kurzhalten und tut das auch: Man sehe nicht, was oder wen der Tritt trifft. Die Bezeichnung „kriminell“ wiege eindeutig schwerer als „rücksichtslos“ und jeder Leser sähe das wohl auch so. Er erinnert Walach an die Unschuldsvermutung und die journalistische Sorgfaltspflicht.

Beklagten-Anwalt Volkert Sackmann hingegen legt ein energisches Schlussplädoyer vor: Er spricht von „sinnloser Polizeigewalt“. Zur Bezeichnung „kriminelles Oaschloch“ meint er: Jeder vernünftig denkende Mensch, der dieses Video sähe, denke sich wohl dasselbe. „Rücksichtslos“ anstelle von „kriminell“ zu verwenden, hätte es nicht annähernd getroffen.

Bezeichnung als „kriminell“ geht durch

Richter Stefan Romstorfer kommt schnell zu einer Entscheidung. Das rechtskräftige Urteil: die üble Nachrede wird abgewiesen, die Beschimpfung bleibt. Romstorfer stimmt dem Beklagten und seinem Anwalt bei der Urteilsbegründung zwar zu, dass es sehr naheliegend erscheint, wohin der Tritt ging, und verurteilt den Ausdruck „kriminell“ daher nicht, „aber das Oaschloch ist eine Beschimpfung, das kriegen Sie nicht weg.“

Kein Geld für krebskranke Kinder

Die Summe, die der Polizist ursprünglich für die Beschimpfung forderte: 10.000 Euro. Im Endeffekt bleiben 500 Euro (plus Gerichtskosten) übrig, die Walach zahlen muss.

Nach dem Urteil macht Walach dem Beamten noch ein Angebot: Er werde die Summe verdoppeln und 1.000 Euro an das St. Anna Kinderspital für krebskranke Kinder spenden, wenn der Beamte auf die 500 Euro verzichtet. Der geht nicht darauf ein.

Die Verhandlung wird schließlich geschlossen. Bevor alle den Saal verlassen, will ein anwesender Journalist noch wissen, ob die Formulierung jetzt „Arschloch“, oder umgangssprachlich „Oaschloch“ lautete – zweiteres ist der Fall.

(sm)

Aktualisiert am 23.05.22 um 15:25 Uhr.

Titelbild: Twitter/Screenshot

Autor

  • Stefanie Marek

    Redakteurin für Chronik und Leben. Kulturaffin und geschichtenverliebt. Spricht für ZackZack mit spannenden Menschen und berichtet am liebsten aus Gerichtssälen.

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