VdB zu Wiederantritt:
Nach einem emotionalen Video, in dem Alexander Van der Bellen am Sonntag seinen Wiederantritt öffentlich angekündigt hat, bestätigte der Bundespräsident nun auch am Montag vor der Presse seine Kandidatur.
Wien, 23. Mai 2022 | “Ich kann mir nichts Sinnvolleres vorstellen”, so Van der Bellen am Ende seines zweiminütigen Wiederantrittsvideos, das am Sonntag veröffentlicht wurde. Der Clip mit dem Titel “Da sein für Österreich” ist mit emotionaler Musik unterlegt und zeigt den Bundespräsidenten in allen möglichen Lebensbereichen. Mal lachend mit einem Pensionisten, dann in seinem Büro in der Hofburg, aber auch vor dem Brandenburger Tor in Berlin oder beim Stadion-Einmarsch mit jungen Fußballern.
Wir würden in einer “Übergangszeit” leben, nichts sei mehr “selbstverständlich”, sagt Van der Bellen in Anspielung auf die vielen Krisen, die im Zuge seiner ersten Amtszeit ausgebrochen sind. “Dinge wie Ibiza” seien dadurch heute schon “fast vergessen”. Deshalb möchte er mit seiner Kandidatur dazu beitragen, dass “die nächsten Jahre für alle gut werden”.
“Habe die Erfahrung, die man braucht”
Van der Bellen hat auch am Montag in einem Presseauftritt die Motivation für seine Wiederkandidatur dargelegt. Für diese Verantwortung fühle er sich heute besser gerüstet als noch vor fünf Jahren, als er “vergleichsweise ein junger Hupfer war”. Die Frage, warum er Österreich auch in den kommenden sechs Jahren “von ganzem Herzen” dienen wolle, beantwortet sich der 78-Jährige selbst: “Ich bin alt genug für dieses Amt. Ich habe die Lebenserfahrung, die Berufserfahrung, die man braucht.”
Van der Bellen stellte sich in seinem knapp viertelstündigen Statement im Presseclub Concordia klar hinter die Sanktionen gegen Russland wegen dessen Aggression in der Ukraine. Die daraus resultierenden ökonomischen Opfer, die auch die Österreicher bringen müssten, seien der “Preis für Freiheit und Demokratie”. Es müssten mutig klare Positionen bezogen werden. Denn sonst würden Nationalisten “und Putin-Freunde” versuchen, die entstandene Verunsicherung auszunützen und “nach der Macht zu greifen”, betonte der Bundespräsident, der sich selbst als “absolut unabhängig” bezeichnete und einen “kurzen, konzentrierten” Wahlkampf versprach.
Darunter versteht Van der Bellen, wie er in einer anschließenden Fragerunde präzisierte, etwa vier bis sechs Wochen vom September in den Oktober hinein. Seinen Wahlkampf leiten wird Martin Radjaby. Finanziell unterstützten werden die Kampagne die Grünen, deren Parteichef der Präsident dereinst ja war. Er hoffe auch auf andere, die an seiner Kandidatur interessiert seien: “Wir müssen schon etwas zusammenkratzen.”
Kaum Konkurrenz
Die Wiederkandidatur Van der Bellens begrüßten am Wochenende auch die SPÖ und die NEOS. Die ÖVP wollte sich noch nicht festlegen, man werde sich beraten und demnächst eine Entscheidung treffen. Bei der FPÖ ist man gegen eine zweite Amtszeit des “Systemkandidaten” Van der Bellen, wie es die Abgeordnete Dagmar Belakowitsch am Sonntag gegenüber der “ZIB” ausgedrückt hatte. Man wolle daher einen eigenen Kandidaten aufstellen.
Ernstzunehmende Konkurrenz hat der amtierende Präsident derzeit noch nicht. Die einzigen namhaften Gegenkandidaten sind bis jetzt der Chef der Bierpartei Marco Pogo und der rechte Blogger Gerald Grosz. Sieht man sich die Statistik an, kann sich Van der Bellen gute Chancen für eine Wiederwahl ausrechnen. Alle österreichischen Bundespräsidenten vor ihm, die für eine zweite Amtszeit angetreten sind, wurden infolge auch wiedergewählt. Darunter auch seine unmittelbaren Vorgänger Thomas Klestil und Heinz Fischer.
(mst/apa)
Titelbild: youtube.com/Van der Bellen