„Gegen all euer Leiden verschreibe ich euch Lachen“, sagte der französische Arzt und Humanist François Rabelais. Die wöchentliche Dosis Medizin verabreicht Fritz Rabensteiner.
Wien, 04. Juni 2022 | Die größte Sorge vieler älterer Menschen ist jene, dass sie eines Tages ihre Dinge nicht mehr selbst regeln können. Weil sie krank werden. Weil sie pflegebedürftig sind. Ein Suizid ist dann nicht mehr so einfach möglich. Und wenn Sie den Seniorenbund zu Hilfe rufen, wird keiner kommen, da die im Moment damit beschäftigt sind, die Corona-Hilfsgelder zu verprassen.
Auch ich habe mittlerweile das Gefühl pflegebedürftig zu sein, obwohl man mir das nicht ansieht. Ich sehe fantastisch aus. Immer noch. Das sagen viele. Vor allem Frauen. Auch unabhängig voneinander. Aber egal, ich muss rechtzeitig Vorsorge treffen. Vor ein paar Monaten war ich beim Hausarzt, um meine Bestandteile prüfen zu lassen. Die Werte liegen im Toleranzbereich, sagte er und sah dabei aus, als ob er jemandem kondolieren wollte. Dabei drückte er fest meine Hand. Das hat bestimmt nichts zu bedeuten, allerdings kann es in meinem Alter sehr schnell gehen und zack, zack, schon ist der erste Schaden da. Und dann noch einer, und noch einer, und dann ist es zu spät, um eigenständig handeln zu können.
Wenn man da nicht auf der Hut ist, dann verpasst man den Absprung und endet wie Andreas Khol. Der Mann ist 142 Jahre alt und drängt sich immer noch vor jede Kamera, um politischen Blödsinn abzusondern, den er irgendwann zu Kaiser Karls Zeiten aufgeschnappt hat. Sicher, er hat seine Verdienste, das möchte ich gar nicht bestreiten. Immerhin hat er 1919 bei den Verhandlungen zum Versailler Frieden gekellnert. Aber irgendwann muss Schluss sein. Wussten Sie, dass er eigentlich ein Piefke ist? Also vom Geburtsort her. 1880 hat er auf Rügen das Licht der Welt erblickt. Ein Ossi also auch noch. Ab diesem Tag hat es auf der Insel sieben Jahre lang geregnet. Danach kamen die Heuschrecken. Ganz alte Rügener können sich noch daran erinnern und bekreuzigen sich, wenn sein Name fällt. Jedenfalls kam er dann über Südtirol nach Österreich. Herzlichen Dank dafür, es Heisln.
2001 hat Khol ein Buch geschrieben. „Die Wende ist geglückt. Der schwarz-blaue Marsch durch die Wüste Gobi“. Ich frage mich, wie viel das M gekostet hat. Und was die Nachwelt unbedingt wissen sollte: Er war untauglich. Nicht nur für die Politik, das ist bekannt, auch für die k. u. k. Armee. Damals untauglich zu sein, war fast eine Kunst. Früher haben die jeden genommen, der kein zweites Arschloch hatte. Bücken, husten, passt.
Aber der Rendi-Wagner wollte er eine auflegen, dieser Zinnsoldat. Zu unserem Glück bekommt er aber nur eine kleine Pension. Gut, da hat er schon ziemlich zu kämpfen, aber ein ASVG-Zubrot verschafft ihm ein wenig Luft. Und seine Frau geht putzen. Sie fragen sich vielleicht, wie viele Witze ich hier über Khol mache. Gar keinen. Alle sind wahr. Der gute Mann ist völlig aus der Zeit gefallen und nach Anerkennung heischend wie Richard Lugner. Ich will nicht enden wie Andreas Khol und habe mir daher einen 5-Stufen-Plan zurechtgelegt, den ich ehrlich und konsequent abarbeiten werde. Der gibt mir dann rechtzeitig zu verstehen: Hoppla, du bist auf Stufe 5, jetzt ist der Ernstfall eingetreten, es wird Zeit ein Seil zu kaufen und auf den Stuhl zu steigen. Sie können diesen Plan 1:1 übernehmen oder nach ihren Wünschen abändern. Wichtig ist nur, dass sie den Absprung nicht verpassen.
Stufe 1: Meine Urlaubsreisen finden im Umkreis von 30 Kilometern statt.
Stufe 2: Ich setze mich in meinem eigenen Auto auf den Beifahrersitz.
Stufe 3: Ich werde Mitglied im Seniorenbund und kaufe eine CD der Kastelruther Spatzen.
Stufe 4: Meine Frau und ich haben vor zwei Jahren den ehelichen Beischlaf eingestellt. Wir merken es aber erst jetzt.
Stufe 5: Ich sehe einen Heimatfilm mit Hansi Hinterseer, ohne mich zu übergeben.
Alle Bücher des Autors finden Sie hier
In Österreich gibt es zahlreiche, kostenlose Einrichtungen und Telefonnummern, die bei Suizidgedanken und in Krisensituationen ihre Hilfe anbieten:
Telefonseelsorge: 142 (Notruf) rund um die Uhr erreichbar
Kriseninterventionszentrum: 01/406 95 95 Mo-Fr von 10-17 Uhr erreichbar
Rat auf Draht: 147 rund um die Uhr für Kinder und Jugendliche erreichbar
Psychosozialer Dienst (PSD) Wien: 0/ 31330 rund um die Uhr erreichbar
Männernotruf: 0800 246 247 rund um die Uhr erreichbar
Frauenhelpline: 0800 222 555 rund um die Uhr erreichbar
Titelbild: ZackZack