Der Ukraine-Krieg droht sich auf weitere Nachbarstaaten Russlands auszuweiten. Nach einem Vorschlag der Staatsduma, eine Resolution zur Unabhängigkeit Litauens aufzuheben, sieht sich der baltische Staat gefährdet und fordert Unterstützung von der EU.
Vilnius/Moskau, 9. Juni 2022 | Litauen fühlt sich in seiner Sicherheit bedroht, denn Russland will den baltischen Staat nicht mehr anerkennen. Deswegen will Deutschland zusätzliche schwergerüstete NATO-Truppen nach Litauen schicken.
Scholz in Litauen
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz stattete am Dienstag erstmals einem an Russland angrenzenden NATO-Mitglied einen Besuch ab. In der litauischen Hauptstadt Vilnius traf er sich mit den Präsidenten der drei baltischen Staaten Lettland, Estland und Litauen und besuchte die in Litauen stationierten deutschen Soldaten auf ihrem Truppenübungsplatz. Dort sah er sich die Waffensysteme an, die den Soldaten zu Verfügung stehen.
Scholz sprach davon, mehrere hundert zusätzliche Soldaten zum Schutz vor einem potenziellen russischen Angriff nach Litauen zu schicken. Außerdem soll die NATO-Truppe zu einer Kampfbrigade mit schwerem militärischem Gerät ausgebaut werden. Derzeit wird die NATO-Truppe in Litauen neben Deutschland von sieben weiteren europäischen Ländern gestellt. „Wir werden jeden Zentimeter des NATO-Territoriums gemeinsam mit unseren Verbündeten verteidigen, wenn sie angegriffen werden“, versicherte der Kanzler.
Der Schutz vor der russischen Bedrohung war aber nicht das einzige Thema des Scholz-Besuchs. Es ging auch um die Unterstützung der Ukraine im Kampf gegen die russischen Angreifer und die europäische Perspektive des Landes. Während die baltischen Staaten dafür sind, die Ukraine zum EU-Beitrittskandidaten zu machen, hat sich die deutsche Bundesregierung noch nicht entschieden.
Resolution über Unabhängigkeit Litauens soll aufgehoben werden
Anfang 1991 war es in Litauen zu Massenkundgebungen gekommen. Im Zuge dessen waren sowjetische Truppen nach Vilnius verlegt worden. Im September desselben Jahres hatte die UdSSR die Republik Litauen anerkannt und das Land wurde Mitglied der Vereinten Nationen.
Nun hat die Putin-Partei „Einiges Russland“ der Staatsduma vorgeschlagen, diese Resolution aufzuheben. In einer Erläuterung zum entsprechenden Gesetzesentwurf heißt es, die Entschließung sei von einem verfassungswidrigem Gremium beschlossen und sei somit rechtswidrig. Außerdem habe die Republik Litauen kein Referendum über die Abspaltung von der Sowjetunion abgehalten. „Kein staatliches Organ der UdSSR war befugt, weder über die Abspaltung der Republiken von der UdSSR noch über die Beendigung der Existenz der UdSSR als einheitlicher Staat zu entscheiden“, heißt es in der Erläuterung.
Estland, Lettland und Litauen gehören seit 2004 der EU und NATO an. Die drei an Russland und teils an dessen Verbündeten Belarus grenzenden Länder gehören international zu den größten Fürsprechern der Ukraine.
(nb/lp)
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