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Proteste in den Niederlanden eskalieren – Bauern wollen ganzes Land lahmlegen

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Proteste in den Niederlanden eskalieren – Bauern wollen ganzes Land lahmlegen

Proteste in den Niederlanden eskalieren

Seit Tagen gehen Bauern in den Niederlanden auf die Barrikaden. Mit Traktoren und Heuballen wollen sich hunderte Landwirte gegen geplante Umweltauflagen wehren. Die Proteste werden immer radikaler.

Amsterdam, 06. Juli 2022 | Die Protestaktionen der niederländischen Bauern haben mittlerweile Ausmaße genommen, die das Land so wohl noch nie erlebt hat. Am Montag blockierten hunderte Landwirte Zufahrten zu Großlagern der Supermärkte. Mehr als 20 Distributionszentren der großen Supermarktketten waren betroffen. Der Zentrale Verband des Lebensmittelhandels nannte die Blockaden “total unakzeptabel” und sprach bereits von ersten Versorgungsengpässen.

Auch Urlauber spürten die Folgen des Protests. Denn erstmals hatten auch Fischer aus Solidarität mit den Bauern mit ihren Booten die Häfen blockiert. Mehrere Stunden lang konnten die Fähren nicht zu den Inseln fahren, und so mussten auch Urlauber mit langen Wartezeiten rechnen, warnten die Reedereien. Europas größter Hafen aber, der Hafen von Rotterdam, war nicht von den Aktionen betroffen.

Proteste werden heftiger

In den vergangenen Wochen hatten Bauern mehrfach auch gewalttätig gegen die Auflagen zur Reduzierung des Stickstoffausstoßes protestiert. Die Proteste begannen vergleichweise ruhig. Doch bald eskalierte die Lage. Autobahnen wurden blockiert, eine Polizeikontrolle wurde gestürmt und das Gelände rund um das Privathaus von Agrarministerin van der Wal geentert.

Zudem ließen die Bauern Gülle regnen. „In den Niederlanden platzt die Stickstoff-Bombe“ , umschrieb die belgische Zeitung „Gazete van Antwerpen“ die offene Schlacht ums Feld im Nachbarland.

Lebensmittel werden knapp

Von den jüngsten Blockaden waren vor allem Marktführer Albert Heijn und Jumbo betroffen. Aber auch Coop, Plus, Aldi und Lidl spürten die Wut der Bauern. Marc Jansen, Direktor des Zentralen Lebensmittelverbandes, rief die Behörden zum Eingreifen auf. “Das kann nicht länger so weiter gehen”, sagte er im Radio. “Wir haben nichts mit dem Konflikt von Staat und Bauern zu tun.” Regionale Medien berichteten bereits von leeren Regalen in einigen Supermärkten. Vor allem frische Produkte wie Brot, Gemüse, Obst und Milch würden knapp.

Landwirte blockierten auch wie bereits in den vergangenen zwei Wochen mehrfach einige Autobahnen und Zubringer. Vereinzelt kam es zu langen Staus gerade an der deutschen Grenze etwa bei Enschede, Venlo und Eindhoven. Doch die Probleme auf den Straßen hielten sich nach Angaben der Verkehrsbehörden in Grenzen.

Die Bauern hatten aufgerufen, “das gesamte Land lahmzulegen”. Doch die angekündigten Blockaden der Flughäfen blieben vorerst aus.

Umweltmaßnahmen Auslöser für Proteste

Die Emissionen von schädlichen Stickstoffverbindungen sind in dem Land seit Jahrzehnten zu hoch. Nun bestimmte die Regierung, dass sie national bis 2030 um rund 50 Prozent reduziert werden müssen, bei Naturgebieten sind es sogar mehr als 70 Prozent. Das wird nach Einschätzung der Regierung zum Aus für etwa 30 Prozent der Viehbetriebe führen. Denn vor allem die Viehzucht ist nach der Berechnung der Behörden für das Stickstoffproblem verantwortlich. Das höchste Gericht des Landes hatte 2019 bestimmt, dass die Stickstoffnormen nicht länger überschritten werden dürfen.

Die Niederlande haben etwa 53.000 landwirtschaftliche Betriebe und sind weltweit einer der größten Exporteure von Agrarprodukten. Im vergangenen Jahr betrug das Ausfuhrvolumen rund 105 Mrd. Euro.

(mst/apa)

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Markus Steurer

    Hat eine Leidenschaft für Reportagen. Mit der Kamera ist er meistens dort, wo die spannendsten Geschichten geschrieben werden – draußen bei den Menschen.

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