Österreichs wichtigster Erdöl-Lieferant Kasachstan kann nun 30 Tage nicht liefern. Russische Behörden hatten die Blockade gerichtlich durchgesetzt, offiziell wegen möglicher Umweltschäden. OMV und Regierung beruhigen.
Nowosibirsk/Wien, 6. Juni 2022 | Ein für den Export von kasachischem Erdöl bestimmtes Terminal im Schwarzen Meer muss auf Beschluss eines Gerichts in Südrussland für 30 Tage seinen Betrieb einstellen. Die Betreibergesellschaft Caspian Pipeline Consortium (CPC) sei “gezwungen, das Gerichtsurteil umzusetzen”, werde aber dagegen klagen, heißt es in einer Stellungnahme des Unternehmens.
Laut russischen Behörden ist die Dokumentation beim Notfallplan für die Beseitigung eventueller Ölunfälle unvollständig, wodurch es zu Umweltschäden kommen könnte. Zuletzt hatte es allerdings zwischen Russland und der benachbarten zentralasiatischen Ex-Sowjetrepublik wegen des Ukrainekriegs Unstimmigkeiten gegeben. Am Montag hatte Kasachstans Präsident Kassym-Schomart Tokajew der EU außerdem angeboten, mehr Öl und Gas nach Europa zu liefern, um die Energieversorgung des Kontinents zu sichern.
Kasachstan ist Österreichs größter Öllieferant
Über das Terminal in der südrussischen Hafenstadt Noworossijsk fließen 80 Prozent des aus Kasachstan exportierten Öls. Das Land hat selbst keinen eigenen Zugang zu den Weltmeeren. Stabile Lieferungen aus Kasachstan sind für Österreichs Versorgung mit Erdöl von großer Bedeutung. 2020 stammten 36,6 Prozent aller Rohölimporte aus dem rohstoffreichen, aber armen Land. 2019 waren es sogar 39,2 Prozent und 2021 38,9 Prozent. Damit ist Kasachstan mit Abstand Österreichs wichtigster Erdöllieferant. Dahinter folgen Libyen und der Irak.
OMV und Regierung beruhigen
Die OMV sagte gegenüber der APA, sie sei von einem Lieferstopp gar nicht betroffen. Das Unternehmen könne nach dem Unfall in der Raffinerie Schwechat nämlich ohnehin nur sehr eingeschränkt Rohöl verarbeiten. OMV-Sprecher Andreas Rinofner geht davon aus, dass sich nach Reparatur der Schwechater Anlage am Markt ein Ersatz für das kasachische Öl finden lassen wird.
Auch die Regierung möchte beruhigen: Aus Leonore Gewesslers (Grüne) Energieministerium heißt es, dass am Weltmarkt genug Öl verfügbar ist, um die Versorgung zu gewährleisten. Der Erdölmarkt sei vielfältiger und flexibler als der Gasmarkt, sagte Gewessler gegenüber der APA. Gleichzeitig kauft man Russland die Begründung für die Terminal-Sperre nicht ab.
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) glaubt nicht an einen Zufall. Russland “entdeckt jetzt hier die Umweltpolitik”, um wieder ein “Drohszenario” zu zeichnen, so Nehammer. Es handle sich um ein “Mittel der Einschüchterung” gegenüber der EU, man dürfe sich durch solche “Drohgebärden” nicht verunsichern lassen.
(apa/pma)
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