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Antikorruptionsexperte mit neuem Vorschlag gegen Postenschacher

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Antikorruptionsexperte mit neuem Vorschlag gegen Postenschacher

Nepotismus und Verhaberung

Geht es nach Antikorruptionsfachmann Martin Kreutner sollen Postenbesetzungen in Ministerien und hohen Ämtern zukünftig anders ablaufen. Was er sich vorstellt, sagte er gegenüber ZackZack.

Wien, 19. Juli 2022 | Ämter in der öffentlichen Verwaltung werden in Österreich oft nicht nach Maßgabe der größtmöglichen Qualifikation vergeben. Das ist nicht nur eine landläufige Meinung, sondern auch die Einschätzung von Martin Kreutner, Antikorruptionsexperte und Vertreter des Antikorruptions-Volksbegehrens.

Dieser schlug am Dienstag, im Ö1-Morgenjournal vor, Postenvergaben im öffentlichen Sektor zukünftig der Verantwortung einer bundesweiten Auswahlkommission zu übergeben. Derzeit werden Bewerberinnen für öffentliche Ämter von einer Begutachtungskommission gereiht. Wer in der Kommission sitzt, entscheidet das zuständige Ministerium.

Auswahlverfahren als Farce?

Erst kürzlich gab es mit der Neubesetzung in der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) und dem gescheiterten Auswahlverfahren an der Spitze der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) zwei aufsehenerregende Postenbesetzungsverfahren. Beide Fälle sorgten für viel Kritik, setzten sich doch nach Ansicht vieler Experten nicht die bestqualifizierten Kandidaten durch.

Im Fall der Bundeswettbewerbsbehörde wurde der Schüssel-Bekannte Michael Sachs, der in der ÖVP als vernetzt gilt, von den Grünen vorerst verhindert. BWB-Interimschefin Harsdorf-Borsch verfüge den Grünen nach im Gegensatz zu Sachs über die nötige Expertise.

Unabhängige Ex-Richter als Vorstand

Kreutner konnte sich im Morgenjournal pensionierte Richter und Richterinnen als leitende Organe der Auswahlkommission vorstellen. Diese sollten sich mit qualifizierten Experten aus den Ressorts beraten, um die am besten geeignete Person vorzureihen. Damit wäre den Ministerien der Einfluss auf Postenbesetzungen entzogen.

Im Gespräch mit ZackZack sagt Kreutner, dass er mit der Forderung vor allem eine Diskussion anregen will, über die Details müsse auf jeden Fall noch gesprochen werden, unterschiedliche Modelle einer solchen Auswahlkommission seien anzudenken.

Einige Fragen sind nämlich offen. Wer würde zum Beispiel die Mitglieder der Kommission auswählen? Eine Idee wäre, das im Parlament über eine Zweidrittelmehrheit zu bestimmen, meint Kreutner.

Nur durch gesellschaftlichen Druck umsetzbar

Pensionierte Richter erscheinen ihm deshalb geeignet, “da sie gelernt haben, sich eine gewisse Unabhängigkeit über ihren vormaligen Beruf zu erarbeiten”, es könnten aber auch ehemalige Präsidenten des Rechnungshofes sein. Das wichtigste sei ihre Unabhängigkeit, dass sie also “nichts mehr zu verlieren” oder zu gewinnen hätten.

Eine solche Kommission würde allerdings bedeuten, dass die Ministerien und die Verantwortlichen Macht abgeben müssten. Wie also könnte so eine Kommission durchgesetzt werden? Kreutner bezeichnet das auf ZackZack-Nachfrage als “Grundsatzdilemma”. Schlussendlich könne so eine Umsetzung nur durch öffentlichen Druck von Zivilgesellschaft und Medien erfolgen.

Schadenersatz für besser qualifizierte Abgelehnte

Abgesehen von einer solchen Kommission, wäre es für Kreutner wesentlich, dass die bestehenden Gesetze mit Sanktionen ausgestattet werden, wenn es um Postenbesetzungen und Auswahlverfahren geht.

Das sollten laut dem Antikorruptionsexperten zum Beispiel direkt anwendbare Schadenersatzzahlungen sein für besser qualifizierte Bewerber, die den Job bei einer “falschen Besetzung” nicht bekommen haben und auch für Institutionen, denen ein Schaden entsteht, wenn sie nicht die Person bekommen, die die besten Qualifikationen hat.

Zentral wäre für Kreutner auch sofortige Nichtigkeit, wenn festgestellt wird, dass beim Auswahlverfahren manipuliert wurde. Thomas Schmid habe seinen Posten etwa erst nach massivem politischen Druck geräumt. “Das geht nicht”, so Kreutner.

(dp/sm)

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Stefanie Marek

    Redakteurin für Chronik und Leben. Kulturaffin und geschichtenverliebt. Spricht für ZackZack mit spannenden Menschen und berichtet am liebsten aus Gerichtssälen.

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