Gegen zahlreiche ÖVP-Poltiker wird derzeit ermittelt. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler zog dazu am Mittwoch einen gewagten Vergleich.
Wien, 04. August 2022 | Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) tritt für eine Stärkung der Beschuldigtenrechte ein, mit einem fragwürdigen Vergleich. “Wenn ein Beschuldigtenstatus einer zivilen Todesstrafe gleichkommt, dann mache ich mir große Sorgen um Österreich”, meinte sie am Mittwoch im APA-Interview. Reformbemühungen des Justizministeriums gingen ihr “zu langsam”. In Sachen Amtsverschwiegenheit plant sie für den Herbst eine Offensive. Bisher angekündigt wurde ein Informationsfreiheitsgesetz, nach mehr als zweieinhalb Jahren Türkis-Grün, ist es allerdings immer noch nicht umgesetzt.
Viel Kritik an Justizressort von Edtstadler
Ebenfalls auf der langen Bank liegt aktuell der Bundesstaatsanwalt. Zuletzt war vom Justizministerium ein Zwischenbericht vorgelegt worden, wobei sich ein Gremium an der Spitze der Weisungskette als favorisierte Lösung herauskristallisierte. In diesem Punkt bremst allerdings Edtstadler: “Einer Kollegialbehörde kann ich weniger abgewinnen.” Rote Linie für die Verfassungsministerin ist, dass etwas besseres herauskommt, als es das derzeit schon gibt. Dafür müsse der Bundesstaatsanwalt dem Parlament gegenüber in Verantwortung stehen. Die Details dazu seien noch offen, wie so vieles, betonte Edtstadler, nicht ohne hinzuzufügen, dass sie vom Justizressort noch gar nicht in politische Verhandlungen eingebunden worden sei.
Mäßig zufrieden scheint die Verfassungsministerin auch mit den Bemühungen des Justizressorts bezüglich der Ausweitung der Beschuldigtenrechte. Edtstadler stört etwa die Dauer der Verfahren, die für Beschuldigte sowohl wirtschaftlich auch von ihrem persönlichen Ruf zum Problem wird. Man müsse effizientere Verfahren finden, damit Beschuldigte nicht ewige Beschuldigte seien. Einmal mehr warb sie auch für eine zeitgemäße Neuregelung, was die Möglichkeit zur Handyauswertung angeht, wo man über Jahre und Jahrzehnte ohne richterliche Bewilligung alle Inhaltsdaten hernehmen könne, während es bei der telefonischen Überwachung ganz enge Regeln gebe.
Edtstadler sieht bei Entlastungspaketen noch Verbesserungsbedarf
Nicht aufgeben ist sichtlich die Devise der Ministerin, was die Situation ihrer in den Umfragen tief gestürzten Volkspartei angeht: “Der Hoffnung kann man Vorschub leisten, indem man für die Menschen arbeitet.” In Zeiten der Krisen sei es für Regierende aber immer schwierig, das sehe man aktuell in Italien, Frankreich oder Bulgarien. Alle Lösungen würden nie allen reichen.
Allerdings sieht auch Edtstadler Verbesserungsbedarf. Die Entlastungspakete könnten noch treffsicherer werden, wie etwa die 150 Euro Energiekostenausgleich. Da sei sie “gegen die Gießkanne”. So etwas sei auch der Schnelligkeit geschuldet, aber man müsse schauen, ob die Entlastung dann auch tatsächlich bei denen ankomme, die es auch bräuchten. Insgesamt warb sie jedoch um Verständnis, seien die Herausforderungen aktuell doch “riesengroß”. Man habe nicht immer sofort alle Lösungen in der Schublade, manchmal komme man auch drauf, etwas sei nicht die schlaueste Lösung gewesen und man versuche eine andere.
(apa/bf)
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