Peter Pilz findet Suppenwürfe auf Kunstwerke schrecklich. Aber noch viel schrecklicher findet er, dass junge Leute, denen gerade die Zukunft zerstört wird, so weit gehen müssen.
Peter Pilz
Wien, 17. November 2022 | In Wien schütten Umweltaktivisten schwarze Farbe auf das Glas, das ein Klimt-Gemälde im Leopold-Museum schützt. In Katar sterben vor der Fußball-Weltmeisterschaft 15.000 Gast- und Zwangsarbeiter auf den Baustellen der islamistischen Diktatur. In Wien spricht sich SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner für Fracking aus. In Katar machen Bundeskanzler Nehammer und Umweltministerin Gewessler dem islamistischen Regime ihre Aufwartung.
Alle vertreten Anliegen: Nehammer und Gewessler bitten um Gas. Das islamistische und antisemitische Regime in Katar will für sich als moderner, weltoffener Staat werben. Rendi-Wagner dient sich der Industriellenvereinigung als verlässliche Partnerin an. Und die Umweltaktivistinnen von „Last Generation“ versuchen mit radikalen Mitteln auf die Notwendigkeit der Rettung unserer Welt mitten in der Klimakatastrophe hinzuweisen.
Wer die gefährlichen Verrückten sind
Die Regierungsaktion trifft auf Verständnis. Die Katar-Aktion trifft auf Sportbegeisterung und einzelne Stimmen der Kritik. Die Fracking-Öffnung der SPÖ-Chefin führt schlimmstenfalls zu Kopfschütteln. Nur die Umweltaktivistinnen macht man zu gefährlichen Verrückten.
In den Jahren bevor wir die Grünen gründeten, ketteten wir uns vor Baggern an, hielten uns an Bäumen fest, blockierten Autoverkehr und Panzerexporte. Nicht nur in den Augen von Bauunternehmern, Gewerkschaftern und Innenministern waren wir gefährliche Verrückte. Uns ging es um die Rettung der Welt. Unseren Gegnern ging es um die Rettung ihrer Geschäfte. Heute wissen wir, dass sie die gefährlichen Verrückten waren.
Die gefährlichen Verrückten sitzen heute in Bundesregierung, Industriellenvereinigung und ÖVP. Einer von ihnen verhindert gerade als ÖVP-Umweltsprecher das Klimaschutzgesetz. Der nächste sorgt dafür, dass Tempo 100 auf der Autobahn nicht kommt. Wenn dann die Gletscher schmelzen, die Fichtenwälder sterben und Hänge und Häuser weggespült werden, schnüren sie für sich und ihre Freunde „Hilfspakete“.
Öko-Taliban auf Regierungssesseln
Vor mehr als sechzig Jahren hat mir mein Vater mit seinen Kunstdrucken erklärt, wer Vincent Van Gogh war. Von Klimt besaß er sogar eine kleine Zeichnung. Er hat die Bilder geliebt und mir etwas davon mitgegeben. Als Aktivisten von „Ultima Generazione“ in Rom das Schutzglas vor zwei frühen Bildern von Van Gogh mit Suppe anschütteten, schimpfte ich sie „Öko-Taliban“. Jetzt, zwei Wochen später, tut mir das leid. Die Öko-Taliban kleben auf Regierungssesseln und nicht auf der Straße.
Ich finde Suppenwürfe auf Kunstwerkle schrecklich. Aber noch viel schrecklicher finde ich, dass junge Leute, denen gerade die Zukunft zerstört wird, so weit gehen müssen. Bis jetzt haben sie kein einziges Kunstwerk zerstört. Die vielen, die gerade in den Museen mit ihnen sympathisieren, haben kein Problem, das bisschen Suppe und Farbe vom Glas zu wischen.
Mit den Gletschern und den Meeren ist das anders.
Titelbild: ZackZack / Christopher Glanzl